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Die Wahl Salvador Peñas – Beginn des Endes der rosa Welle?
Aus Rendez-vous vom 02.08.2023. Bild: Reuters/Adriano Machado
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Rechte Politik im Aufwind Ist die «rosarote Welle» in Südamerika vorbei?

Zuletzt gewannen rechte Kandidaten die Präsidentenwahlen, etwa in Paraguay oder Chile. Wie es weitergeht, bleibt offen.

Erst gewann bei den Präsidentenwahlen in Paraguay Ende April der rechtsnationale Salvador Peña. Nur eine Woche später der Überraschungserfolg für die ultrarechten Republicanos bei den Verfassungsratswahlen in Chile.

Sind das Zeichen dafür, dass Südamerikas «rosarote Welle» vorbei ist? «Jein», sagt der venezolanische Politologe Miguel Ángel Martínez Meucci – schliesslich würden die meisten Länder der Region ja noch von Linkskoalitionen regiert.

Noch zahlreiche linke Präsidenten an der Macht

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Legende: Seit Anfang 2023 ist der linke Lula da Silva wieder Präsident Brasiliens. Keystone/Christophe Petit Tesson

Die Südamerikanerinnen und -amerikaner haben in den letzten Jahren vor allem linke Präsidenten gewählt: Inácio Lula da Silva in Brasilien, Alberto Fernández in Argentinien, Luís Arce in Bolivien und Gabriel Boric in Chile. In Kolumbien regiert mit Gustavo Petro derzeit sogar der erste linke Präsident in der Geschichte des Landes.

Beobachterinnen und Experten sprechen deshalb im Zusammenhang mit Südamerika oft von einer linken, «rosaroten Welle». Doch diese scheint nun abzuebben.

Aber: «Was in Lateinamerika in den letzten Jahren am meisten heraussticht, ist die Alternabilität.» Damit meint Martínez Meucci: Das Pendel schwingt nicht unbedingt von links nach rechts, sondern vor allem von der Regierung zur Opposition – unabhängig von der Partei-Couleur.

Die Wählenden wollen Veränderung

Wandel sei das Ziel der Wählerinnen und Wähler. Das zeige auch die Präsidentenwahl in Paraguay: Dort blieb zwar die rechtsnationale Regierungspartei an der Macht. Doch der bisherige Präsident Mario Abdo Benítez unterlag einem parteiinternen Herausforderer.

Wahlen werden dafür genutzt, die Regierung abzustrafen und jemand anderem eine Chance zu geben.
Autor: Miguel Ángel Martínez Meucci Politikwissenschaftler

«Protestwahlen sind in Südamerika häufig: Die Wählenden nutzen Wahlen, um die Regierung abzustrafen und jemand anderem eine Chance zu geben», erklärt der Politologe.

Auf einem Kontinent, der das ganze 20. Jahrhundert lang geplagt wurde von Diktaturen, Militäraufständen und Revolutionären, sei das nicht negativ. «Dass unsere Demokratien Machtwechsel zulassen, ist wichtig», so Martínez Meucci. Besorgniserregend seien autoritäre Länder wie Venezuela, wo solche Machtwechsel nicht stattfänden.

Wo bleibt der minimale Konsens?

Zu viele Wechsel können aber auch für Demokratien zum Problem werden – wenn es keinen Mindestkonsens mehr gibt in einem Land. Dann seien Regierungen nur begrenzt reformfähig.

Hinzu kommt, dass vielerorts das Geld fehlt: Die Coronapandemie, der Ukraine-Krieg und die Preisschwankungen auf den Rohstoffmärkten haben in der Region Spuren hinterlassen. Denn Südamerikas Wirtschaft ist noch immer stark abhängig vom Handel mit Rohstoffen.

Autoritäre Politiker in unsicheren Zeiten

Tomás Múgica von der Universidad Católica de Buenos Aires sieht in der Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler denn auch ein Indiz für eine tieferliegende Entwicklung in der lateinamerikanischen Politik. «Die Kritik an der Demokratie wächst. Das grosse uneingelöste Versprechen der lateinamerikanischen Demokratien ist die Ungleichheit.»

Politiker mit autoritären Zügen hinterfragen die Spielregeln liberaler Demokratien – und destabilisieren diese damit.
Autor: Tomás Múgica Universidad Católica de Buenos Aires

In Argentinien etwa hat die Hyperinflation die Armut sprunghaft ansteigen lassen: Rund 40 Prozent der Argentinierinnen und Argentinier arbeiten zu Dumpinglöhnen in der Schattenwirtschaft und leben unterhalb der Armutsgrenze. Das sind 18 Millionen Menschen.

«Und plötzlich tauchen wieder Politiker mit autoritären Zügen auf. Sie hinterfragen die Spielregeln liberaler Demokratien», sagt Múgica. «Sie destabilisieren damit die Demokratie von innen.»

Politiker mit autoritären Zügen

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Legende: Javier Milei fordet die Abschaffung der Zentralbank Argentiniens. Reuters/Matias Baglietto

Ein Beispiel ist der rechts-libertäre Javier Milei, der im Herbst argentinischer Präsident werden möchte. Er forderte kürzlich die Abschaffung der Zentralbank in Argentinien.

Oder José Antonio Kast in Chile: bekannt als Abtreibungsgegner und Migrations-Hardliner. Vor eineinhalb Jahren waren seine ultrarechten Republicanos eine Randerscheinung in der chilenischen Politik. Doch die steigende Kriminalitätsrate in Chile verhalf den Republicanos zum Erfolg bei den Verfassungsratswahlen. Nun wird eine Partei, die vor eineinhalb Jahren kaum jemand kannte, die neue Verfassung Chiles entscheidend prägen.

Das Pendel schwingt in Südamerika tendenziell also immer extremer hin und her – und immer schneller. Ob sich dieser Trend fortsetzt, wird sich bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Argentinien vom Oktober zeigen.

Rendez-vous, 2.8.2023, 12:30 Uhr

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