Auslöser der Verhandlungskaskade ist Russland. Mit seinem gewaltigen Truppenzusammenzug an der Grenze zur Ukraine nährt es die Sorge vor einem Einmarsch in die ehemalige Sowjetrepublik. Moskau ist es auch, das Forderungen an den Westen richtet. Der Kreml will im Grunde die Nachkriegsordnung von Jalta nach dem Zweiten Weltkrieg wiederherstellen – mit klar definierten Einflusszonen für die beiden Grossmächte.
Russland verlangt daher erstens: keine neuen Nato-Mitglieder – nicht die Ukraine, nicht Georgien, nicht Moldawien und auch nicht Finnland oder Schweden. Zweitens: keine Stationierung von Nato-Truppen und Waffen in den östlichen Nato-Mitgliedstaaten.
Von Sanktionen bis Offerten
Für die USA und die Nato insgesamt sind beide Forderungen völlig inakzeptabel, wie übers Wochenende vielfach betont wurde – in Washington, in Brüssel, in London, Paris, Berlin oder Warschau.
Die Amerikaner und die Europäer drohen Russland einerseits harte Sanktionen an, falls es zur Eroberung der Ukraine ansetzt, und offerieren andererseits vertrauensbildende Massnahmen: Verhandlungen über Rüstungskontrolle, über atomare und konventionelle Abrüstung, über die Verringerung der Anzahl Manöver, über mehr Transparenz und mehr Konsultation. Ob Russland darauf einsteigt, ist offen.
Ernüchternde Aussichten
Sowohl in Moskau als auch im Westen ist man pessimistisch, man rechnet nicht mit Fortschritten, sondern richtet Vorwürfe an die Gegenseite. Beide Lager werfen dem jeweils anderen Drohgebärden vor.
Offenkundig ist auch: Für Staatspräsident Wladimir Putin ist die Ukraine ungleich wichtiger als für westliche Regierungen, was ein Ungleichgewicht punkto Entschlossenheit schafft.
Von den diplomatischen Gesprächen dieser Woche hängt sehr viel ab. Im schlechtesten Fall münden sie im Beginn eines russischen Einmarsches in die Ukraine, im besten Fall hingegen in ernsthafte Verhandlungen über Abrüstung und vertrauensbildende Schritte. Das läge im beidseitigen Interesse.
Ernüchternd ist jedoch, dass derzeit kaum jemand auf diesen besten Fall wetten mag.