Auf dem Plakat zur Ankündigung der Grossdemonstration gegen den Massentourismus auf Mallorca umkreisen Ferienflieger, Privatjets, Kreuzfahrtschiffe und Luxusjachten die kleine Insel wie ein Schwarm Fliegen. «Ändern wir den Kurs» (Canviem el rumb) steht über der Fotomontage zu der für Sonntagabend in der Inselhauptstadt Palma angekündigten Kundgebung. Es gehe darum, dem «Tourismus Grenzen zu setzen», steht etwas kleiner gedruckt auf dem Plakat.
Auf jeden Einheimischen kommen 15 Urlauber
Leichter gesagt als getan. Auf den Balearen, deren Hauptinsel Mallorca ist, leben knapp 1.2 Millionen Einheimische. Im vergangenen Jahr wurden sie von 18 Millionen Urlaubern, davon 4.6 Millionen aus Deutschland und 3.4 Millionen aus Grossbritannien, besucht. Oder eher heimgesucht, wie immer mehr Einheimische finden.
Zu der Kundgebung aufgerufen hat eine Gruppierung namens «Weniger Tourismus, mehr Leben». Nach Angaben von Marga Ramis, einer der verantwortlichen Köpfe hinter der Bewegung, haben sich 100 Vereine und Organisationen angeschlossen, wie die «Mallorca Zeitung» berichtete.
Vor acht Wochen hatten bereits bis zu 25'000 Menschen in Palma unter dem Motto «Sagen wir Basta!» und «Mallorca steht nicht zum Verkauf!» demonstriert. Auch in anderen spanischen Touristenmetropolen wie Barcelona und Málaga sowie auf den Kanaren regt sich der Unmut.
Dieses Mal wollen die Demonstranten den Urlaubern noch näher kommen, damit auch ja kein Zweifel aufkommt, wer gemeint ist. Der Zug soll durch die engen Gassen der Altstadt von Palma gehen, wo auch immer viele Touristen unterwegs sind.
Nicht an dem Ast sägen, auf dem man sitzt
Für Mallorca ist der Tourismus zwar überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Und die Tourismusbranche warnt davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen. Rund 20 Milliarden Euro liessen die Touristen in die Kassen der Insel fliessen.
Aber Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiere, während die grosse Mehrheit Jobs mit niedrigen Gehältern in der Tourismusbranche bekomme, die nicht reichten, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Insulaner, die sich in ihrer Heimat angesichts von so vielen Fremden selber beginnen, fremd zu fühlen.
Was aber passieren würde, wenn die Demonstranten Erfolg hätten und viele Urlauber sich abschrecken liessen, mag sich auch niemand so recht ausmalen. «Ich habe Verständnis für das Unbehagen vieler Bewohner, bitte aber darum, dass solche Demonstrationen nicht – wie in Barcelona geschehen – in Vandalismus gegenüber Urlaubern und Einwohnern ausarten», sagte die konservative Regionalregierungschefin der Balearen, Marga Prohens, der «Mallorca Zeitung».
«Wir wollen einen gesellschaftlichen und politischen Pakt schliessen, um die Inseln nachhaltiger aufzustellen», sagte sie. Die Tourismusbranche habe Hunderttausende Jobs und Wohlstand geschaffen, sie müsse aber auch sozialverträglich sein, die Menschen müssten sich damit wohlfühlen, sagt sie. «Die Urlauber sind auf den Balearen willkommen, und das wird auch so bleiben», versichert Prohens.