«Gemeinsam werden wir die Linke im Netz besiegen!» So wirbt Megafon, das sich selbst als «Gemeinschaft für rechte politische Aktivisten» bezeichnet, in Ungarn um neue rechte Social-Media-Kämpfer. «Megafon ist ein Online-Propagandazentrum», sagt der ungarische Medienjournalist Daniel Szalay, der Chefredaktor von «media1.hu». «Die Influencer von Megafon fluten Facebook, Tiktok und die anderen sozialen Netzwerke mit ihren Videos.» Wer in Ungarn dort unterwegs ist, kommt fast zwangsläufig in Kontakt mit ihnen.
Geld von der Regierung für rechte Influencer
Der Gründer von Megafon, Istvan Kovacs, beteuert: «Wir haben keine formellen Beziehungen zu irgendeiner Partei, weder organisatorisch noch finanziell.» Informell sehe es jedoch anders aus, sagt Medienjournalist Szalay. Alles deute darauf hin, dass Megafon indirekt Geld von der Regierung bekomme, zum Beispiel über regierungsnahe Stiftungen.
Nur so ist zu erklären, dass Megafon und eine Schwesterfirma in den letzten vier Jahren mehr Geld für politische Werbung auf Facebook ausgegeben haben als irgendjemand sonst in Ungarn, nämlich rund dreieinhalb Millionen Franken.
Die Folge: Wer in Ungarn zum Beispiel ein Youtube-Video anklickt, hat grosse Chancen, zuerst ein Werbevideo einer Megafon-Influencerin zu sehen.
Zum Beispiel eines von Stefi Deri. Sie hat 50‘000 Follower, ist jung, blond und millimetergenau auf der Linie von Regierungschef Orbán. Sie behauptet Dinge wie, die ungarische Opposition wolle das Land mit Migranten fluten.
«Orbán wollte die Kontrolle zurückgewinnen»
Den Antrieb für die rechte Offensive in den sozialen Medien sieht Medienexperte Szalay in den letzten Lokalwahlen. Vor fünf Jahren schnitt Orbáns Fidesz schlechter ab als erwartet. Dies auch deshalb, weil die Regierungsgegner damals präsenter waren in den sozialen Medien. «Daraufhin wollten Orbán und seine politischen Verbündeten die Kontrolle über die öffentliche Meinung in Ungarn zurückgewinnen.»
Und so hat Regierungschef Orbán nun einen aufwendig kuratierten Auftritt auf Facebook, X oder Tiktok. Und wie ein Echo tragen die rechten Influencer von Megafon Orbáns Botschaften weiter. «Diese jungen Meinungsmacher haben einen grossen Einfluss», sagt Medienexperte Szalay. «Sie erreichen nämlich junge Ungarinnen und Ungarn, an die Orbán und seine Fidesz-Partei direkt nicht herankommen.»
Zeitungen haben Stellen abgebaut
Natürlich gibt es auch erfolgreiche Orbán-kritische Influencer in Ungarn. Aber die hätten weder die finanziellen Möglichkeiten von Megafon, noch seien sie so konsequent auf eine Linie getrimmt, sagt Szalay.
Schlecht ist die Social-Media-Offensive der politischen Rechten in Ungarn nicht nur für die Regierungsgegner. Auch regierungstreue Zeitungen leiden darunter. Bei einigen ist es zu Entlassungswellen gekommen. Szalay: «Orbán hat realisiert, dass es effizienter ist, via soziale Medien in die Köpfe der Leute zu kommen.»
Und so haben die ungarischen Regierungsgegner vor den anstehenden Lokal- und Europawahlen nicht mehr nur auf Plakatwänden und Fernsehbildschirmen, in Zeitungen oder im Radio die schlechteren Karten, sondern auch in den sozialen Medien.