- Das Parlament von Südkorea hat sich für einen Abtritt von Präsident Yoon Suk Yeol ausgesprochen.
- Die Kammer in Seoul stimmte mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren.
- Es war der zweite Versuch innert weniger Tage, Yoon aus dem Amt zu heben.
Die Abgeordneten mussten entscheiden, ob Yoon wegen «aufrührerischer Handlungen, die die Verfassung untergraben», abgesetzt wird. Insgesamt 204 Abgeordnete stimmten für den Antrag und 85 dagegen. Drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme, und acht Stimmzettel wurden für ungültig erklärt, so das vom Sprecher der Kammer bekannt gegebene Ergebnis.
Am 7. Dezember war ein erster Amtsenthebungsantrag gescheitert, da die meisten Abgeordneten von Yoons Partei der Macht für das Volk (PPP) vor der Abstimmung den Plenarsaal verlassen hatten.
Verfassungsgericht fällt letztgültigen Entscheid
Präsident Yoon sagte nach der Abstimmung: «Ich werde all die Kritik, den Zuspruch und die Unterstützung, die ich erhalten habe, mitnehmen und bis zum Ende mein Bestes für die Nation geben», sagte Yoon in einer ersten Stellungnahme von seinem Präsidentenwohnsitz aus.
Park Chan Dae, Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Demokratischen Partei (DP), bezeichnete die Abstimmung der Parlamentarier als «Sieg für das Volk und für die Demokratie»
Das Verfassungsgericht muss nun innerhalb von spätestens 180 Tagen eine finale Entscheidung über die Amtsenthebung von Yoon treffen. Es kann diese entweder bestätigen oder für verfassungswidrig erklären.
Derzeit sind nur sechs der neun Richterposten des Verfassungsgerichts besetzt. Sollte es zu keinen Neunominierungen vor der Entscheidung kommen, würde eine einzige Gegenstimme ausreichen, um die Amtsenthebung von Yoon zu verwerfen. In diesem Fall würde der 63-jährige seinen Präsidentenposten zurückerhalten.
Yoon hatte das Kriegsrecht verhängt
Übergangsweise wird nun Ministerpräsident Han Duck Soo die präsidialen Amtsgeschäfte übernehmen, ehe das Verfassungsgericht die finale Entscheidung trifft. Es kann eine Amtsenthebung von Yoon entweder bestätigen oder für verfassungswidrig erklären.
Die Opposition wirft Yoon Verfassungsbruch vor. Dieser hatte am Dienstag vergangener Woche völlig überraschend das Kriegsrecht verhängt und Stunden später nach massivem Widerstand wieder aufgehoben.
Yoons radikales Vorgehen wird von Experten als innenpolitisch motivierte Verzweiflungstat gedeutet. So kursierten bereits seit längerem Korruptionsvorwürfe gegen Yoons Ehefrau. Yoon selbst verzeichnete zuletzt extrem niedrige Beliebtheitswerte beim Volk. Zudem hat seine Regierungspartei, die in der Nationalversammlung über keine Mehrheit verfügt, über Monate praktisch keine Gesetzesvorhaben mehr durchbringen können.
Hunderttausende auf den Strassen Seouls
Rund 200'000 Demonstranten versammelten sich vor der Abstimmung vor dem Parlament, um den Rücktritt des unpopulären konservativen Staatschefs zu fordern, gegen den gleichzeitig wegen «Rebellion» ermittelt wird und der das Land nicht verlassen darf.
Auch mehrere tausend Yoon-Anhänger versammelten sich im Zentrum von Seoul, schwenkten südkoreanische und amerikanische Flaggen und forderten die Festnahme von Oppositionsführern.