Zum Inhalt springen

Stopp USAID-Hilfsgeldern Chef von Tropeninstitut: «So gehen wir nicht mit Menschen um»

Auch das Schweizerische Tropeninstitut (TPH) muss infolge der abrupten Kürzungen der Trump-Administration bei USAID-Programmen zusammenstreichen. Nun müssten rasch andere in die Bresche springen, um Leben zu retten und Fortschritte aus Jahrzehnten nicht zu gefährden, fordert TPH-Direktor Jürg Utzinger in einem Blog.

Jürg Utzinger

Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Jürg Utzinger studierte Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich. 1999 doktorierte er in Epidemiologie am Schweizerischen Tropeninstitut. Es folgte ein mehrjähriger Forschungsaufenthalt an der Princeton University in den USA. Seit 2004 ist Jürg Utzinger Professor für Epidemiologie an der Universität Basel, er leitet das Swiss TPH seit 2015.

SRF News: Wichtige Projekte des Tropeninstituts stehen vor dem Aus, etwa das Malaria-Programm in Tansania. Hat man es verschlafen, andere Finanzpartner zu suchen?

Jürg Utzinger: Vielleicht war man diesbezüglich bis zu einem gewissen Grad etwas bequem. Mittel- und längerfristig wird der radikale Schritt der USA sicher auch dazu führen, dass die betroffenen Länder eine grössere Unabhängigkeit – mehr «Country-Ownership» – erreichen, was positiv ist. Es ist auch nachvollziehbar, dass Amerika nicht die Gesundheitsversorgung für den ganzen Globalen Süden gewährleisten will. Aber jetzt sind Menschenleben bedroht, weil sie von einem Tag auf den anderen keinen Zugang zu lebensrettenden Malaria-Medikamenten und HIV-Behandlungen mehr haben. Das geht nicht, so gehen wir nicht mit Menschen um.

Was passiert, wenn die Krankheiten nicht mehr bekämpft werden können?

In den vergangenen Jahrzehnten gab es einen unglaublichen Fortschritt im Gesundheitsbereich im Globalen Süden, etwa bei Malaria und Tuberkulose. Wenn diese Hilfsgelder nun fehlen und es zu neuen Ausbrüchen kommt, riskieren wir, die grossen Fortschritte der letzten 25 Jahre zu verlieren. Hier darf es deshalb keine solche Lücke geben.

Malaria.
Legende: Malaria-Impfaktion an der Elfenbeinküste im Sommer 2024. Keystone/EPA/LEGNAN KOULA

In gewissen Ländern und Regionen, wo Programme zurückgefahren wurden, sind Malaria und HIV bereits wieder auf einem höheren Level. Dies wiederum war auch eine Folge von Corona, wohin notwendigerweise viele Mittel flossen. Die Angst vor einem Rückschritt besteht. Denn es könnte vermehrt zu Resistenzentwicklungen. Das ist auf längere Sicht eine Zeitbombe.

Europa kann und muss hier eine wichtige Rolle spielen. Die Schweiz könnte vermehrt als Plattform fungieren, um Geldgeber zusammenzubringen.

Sie fordern mehr Verantwortung auch von der Schweiz. Wie soll die Schweiz die grosse Lücke füllen?

Die Schweiz kann selbstverständlich nicht allein in diese Bresche springen und beispielsweise grossangelegte Malaria-Kontrollprogramme übernehmen. Es geht vielmehr darum, verschiedene andere mögliche Geldgeber und Institutionen im globalen Gesundheitsbereich zusammenzubringen. Europa kann und muss hier eine wichtige Rolle spielen. Die Schweiz sehe ich vermehrt als die Plattform, um Geldgeber zusammenzubringen. In einer koordinierenden Rolle, um die Lücken zu erkennen und zu schauen, wie sie gefüllt werden können.

Das Gespräch führte Can Külahcigil.

SRF 4 News aktuell, 18.03.2025, 07:23 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel