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Strategisch wichtiger Grenzort Widersprüchliche Angaben über Kontrolle von Ras al-Ain

  • Nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Ras al-Ain in Nordsyrien haben Kurdenmilizen den strategisch wichtigen Grenzort laut Aktivisten wieder weitgehend unter ihrer Kontrolle.
  • Mindestens 17 mit türkischen Truppen verbündete Kämpfer sowie vier SDF-Kämpfer seien dabei getötet worden.
  • Der TV-Sender CNN Türk berichtete dagegen, türkische Truppen würden in Ras al-Ain nach Verstecken kurdischer Kämpfer suchen.
  • Unterdessen hat US-Präsident Trump den Rückzug weiterer Soldaten aus Nordsyrien angekündigt.

Die von Kurdenmilizen angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) hätten die meisten Stadtteile von Ras al-Ain nach einem Gegenangriff zurückerobert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

Anruf von Merkel

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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zum Stopp der Militäroffensive im Nordosten Syriens aufgefordert. Ungeachtet berechtigter türkischer Sicherheitsinteressen drohe die Militäroperation zur Vertreibung grösserer Teile der lokalen Bevölkerung, zur Destabilisierung der Region und zur Stärkung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu führen.

Erst am Samstag hatte die Türkei nach eigenen Angaben die strategisch wichtige Grenzstadt eingenommen. Menschenrechtsaktivisten hatten lediglich die Ankunft der Truppen in Ras al-Ain bestätigt, jedoch bestritten, dass diese die Stadt eingenommen hätten.

Karte Grenze Syrien zu Türkei.
Legende: SRF

Ras al-Ain liegt direkt an der türkischen Grenze entlang einer wichtigen Versorgungsroute zwischen den Städten Tall Abjad im Westen und Kamischli im Osten. Beide gehören bisher zum Herrschaftsgebiet der SDF. Allerdings ist auch Tall Abjad umkämpft. Die türkische Armee habe den südöstlich von Tall Abjad gelegenen Ort Suluk erobert und rücke weiter vor, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Tod von kurdischer Frauenrechtlerin

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Havrin Khalaf
Legende: ANF

Die bekannte kurdische Politikerin und Frauenrechtlerin Havrin Khalaf ist getötet worden. Die Generalsekretärin der Partei Zukunft Syriens (FSP) sei am Samstag auf einer Landstrasse in einen Hinterhalt geraten, teilten die von Kurdenmilizen angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit.

Die SDF machte die Türkei und deren Verbündete für Khalafs Tod verantwortlich. «Dies zeigt, dass der türkische Einmarsch nicht zwischen einem Soldaten, einem Zivilisten oder einem Politiker unterscheidet», hiess es in einer Mitteilung der SDF.

Von türkischer Seite gab es zunächst keine offizielle Bestätigung. Die regierungsnahe Zeitung «Yeni Safak» meldete am Samstagabend unter Berufung auf Quellen vor Ort, Khalaf sei bei einer Operation «ausser Gefecht gesetzt worden». Sie sei bei einem Luftschlag auf dem Weg von Rakka nach Kamischli getötet worden, der auf Basis von Geheimdienstinformationen durchgeführt worden sei.

Khalaf hatte sich im kurdisch-autonomen Teil Syriens vor allem für die Rechte von Frauen stark gemacht.

Die humanitäre Lage in dem Gebiet verschärft sich derweil weiter. Das Uno-Nothilfeprogramm Ocha berichtete, dass seit Beginn der Kämpfe schätzungsweise 130’000 Menschen vertrieben worden seien. Im Ort Al-Hassaka, in den die Mehrzahl der Menschen geflüchtet sei, hätten sich die Möglichkeiten zur Wasserversorgung dramatisch verschlechtert. Davon seien etwa 400’000 Menschen betroffen.

Abzug weiterer US-Truppen

Inmitten der Militäroffensive kündigt US-Präsident Donald Trump den Rückzug weiterer US-Soldaten aus Nordsyrien an. Es bestehe die Gefahr, dass die USA zwischen zwei sich gegenüberstehenden Armeen gerieten, die in Nordsyrien vorrückten, sagte US-Verteidigungsminister Mark T. Esper am Sonntag dem US-Sender CBS. Das sei eine «sehr unhaltbare» Situation.

Esper habe deshalb mit Trump gesprochen, der angeordnet habe, dass mit einem Rückzug von Kräften aus Nordsyrien begonnen werde. Die US-Regierung wolle sicherstellen, dass keine US-Soldaten verletzt oder getötet würden, sagte Esper. Im Nordosten Syriens befanden sich zuletzt rund 1000 US-Soldaten.

Tall Abjad unter türkischer Kontrolle

Die türkische Armee und ihre syrischen Verbündeten haben am Sonntag nach Angaben von Aktivisten die Grenzstadt Tall Abjad von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten erobert. Es sei die grösste Stadt, die sie seit Beginn der Offensive am Mittwoch eingenommen hätten, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Auch die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete die Einnahme des Stadtzentrums.

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