Martti Ahtisaari war anders als fast alle anderen finnischen Politikerinnen und Politiker seiner Generation. Und trotzdem oder vielleicht auch deswegen verkörpert er die Geschichte des unabhängigen Finnlands wie kaum eine zweite Persönlichkeit im nordischen Land.
Geboren 1937 im damals noch finnischen Wiborg unweit von St. Petersburg als Kind einer norwegischen Einwandererfamilie, musste Martti Ahtisaari schon als Zweijähriger mit seinen Eltern vor den sowjetischen Truppen in Richtung Westen fliehen. Er liess sich im nordfinnischen Oulu zum Primarlehrer ausbilden und nahm nach dem Staatsexamen eine Stelle als Sportlehrer im pakistanischen Karachi an.
Die frühen Jahre
Die Flucht und die Arbeit im Ausland liessen ihn nicht mehr los. Mit nur 28 Jahren beauftragte ihn die finnische Regierung mit dem Aufbau einer finnischen Behörde für Entwicklungszusammenarbeit. Mit 36 Jahren wurde er vom damaligen finnischen Präsidenten Urho Kekkonen zum Botschafter in Tansania ernannt.
Auch dank dieser frühen Erfahrungen verfügte Martti Ahtisaari über einen starken politischen Kompass, grosses Verhandlungsgeschick und viele Einsichten – etwa zur finnischen Geschichte, die er immer wieder unter Beweis stellte.
«Wir dürfen nie vergessen, dass Finnland zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den am wenigsten entwickelten Ländern in Europa gehörte und trotz Errungenschaften wie der in Europa erstmaligen Einführung des Frauenstimmrechtes 1906 wenige Jahre später einen Bürgerkrieg erlebte», sagte Ahtisaari anlässlich einer Festrede an der Aalto-Universität in Helsinki vor wenigen Jahren.
Europäer und unermüdlicher Krisendiplomat
Global denkend und parteiunabhängig stellte sich Martti Ahtisaari 1994 als Kandidat bei der ersten direkten Präsidentenwahl in Finnland zur Verfügung – und wurde gewählt. Er trug mit seiner weltoffenen Art massgeblich dazu bei, dass Finnland noch im selben Jahr in einer Volksabstimmung dem Beitritt zur Europäischen Union zustimmte.
Im Jahr 2000 verzichtete er auf eine zweite Amtszeit und engagierte sich fortan wieder in der internationalen Politik – nun im Dienst der EU und UNO in Konfliktgebieten wie dem früheren Jugoslawien, Nordirland und der indonesischen Provinz Aceh. 2008 wurde er dafür mit dem Preis aller Preise ausgezeichnet: Kaum einmal war ein Friedensnobelpreis so unumstritten wie die Auszeichnung von Martti Ahtisaari.
Für Martti Ahtisaari war dabei immer klar, wohin sein Land in der Geopolitik gehörte. So erlebte er in diesem Frühjahr noch den Beitritt Finnlands zur Nato. Ein Schritt, den Martti Ahtisaari im privaten Gespräch immer wieder als den nächsten nach dem EU-Beitritt bezeichnet hatte. Mit Martti Ahtisaari verlieren Finnland und die Welt einen selbstbewussten, geduldigen und zukunftsorientierten Staatsmann und Menschen.