Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine steht sie wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit: Die North Atlantic Treaty Organization - kurz: Nato (zu Deutsch: »Organisation des Nordatlantikvertrags«). 30 Mitgliedstaaten sind darin unter einem gemeinsamen Verteidigungsschirm vereint.
In den vergangenen Jahren waren düstere Wolken über dem Hauptsitz in Brüssel aufgezogen. Gipfeltreffen waren zu frustrierenden Angelegenheiten verkommen, an denen Einigkeit ein Fremdwort schien. Stattdessen wurde gestritten und mächtige Stimmen stellten die Daseinsberechtigung des Bündnisses zunehmend infrage.
Die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump wurde dann zu einer Art Zerreissprobe für das Bündnis. Der Mann im Weissen Haus sah die starke finanzielle Beteiligung seines Landes am Bündnis kritisch und machte Druck auf die anderen Bündnispartner. Die Existenzkrise gipfelte in den Aussagen von Frankreichs Präsident, der die Nato 2019 «hirntot» nannte.
Und dann kam die russische Invasion der Ukraine im März dieses Jahres.
Russland: Vom möglichen Partner zum Feind
Das Nordatlantische Verteidigungsbündnis wurde 1949 als Reaktion auf den sich anbahnenden Kalten Krieg gegründet. Die USA unter Präsident Harry Truman wollten ihren Einfluss in Europa sichern, Westeuropa sich vor der Sowjetunion schützen.
Die Expansion des Bündnisses lief nicht immer parallel zur europäischen Einigung zur selben Zeit ab. So gesellte sich mit der Türkei bereits 1952 – lange vor Deutschland – zwar eine militärische Macht hinzu; jedoch eine, die bis heute nicht Teil des politischen Europas ist. 2004 kam es dann zu einer Konsolidierung an der Ostgrenze, als gleich sieben Länder beitraten. Jüngstes Mitglied ist seit 2020 Nordmazedonien.
Im Herzen des Bündnisses steht seit dessen Gründung der Artikel 5. Dieser besagt, dass wen ein Land angegriffen wird, alle anderen dazu verpflichtet sind, ihm beizustehen.
Heute decken die Bündnispartner gemäss eigenen Angaben eine Milliarde Menschen und die Hälfte der weltweiten Militärausgaben ab. Die Nato ist in sämtlichen militärischen Bereichen (Luft, Boden, Meer, Cyberspace) aktiv. Das Bündnis hält regelmässig gemeinsame Übungen ab und bildet in Mitgliedsstaaten militärisches Personal aus.
Lange sah die Organisation die Terrorismusbekämpfung als Hauptaufgabe: Im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September 2001 trat erstmals in der Geschichte des Bündnisses der Solidaritätsparagraph (Artikel 5) in Kraft.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sahen die Mitgliedstaaten Russland nicht als Bedrohung an. 1997 schlossen die beiden Blöcke gar eine gemeinsame Nato-Russland-Grundakte. Noch in der strategischen Ausrichtung aus dem Jahr 2010 wurde Russland als möglicher Partner für das Bündnis eingestuft.
Damit ist spätestens seit Kriegsausbruch Schluss. Am jüngsten Gipfeltreffen in Madrid haben die Regierungschefs Russland endgültig zum Feind erklärt.
Zunehmender Fokus über Europa hinaus
Die Anfänge der Nato Response Force (NRF) gehen bis ins Jahr 2002 zurück. Seither wurde die Truppe für schnelle Einsätze stetig ausgebaut – und in Zukunft soll sie noch mehr wachsen: Von 40'000 sollen die Truppenbestände auf 300'000 angehoben werden. 13 Mitgliedstaaten sollen das Personal stellen.
Es ist die grösste Neuaufstellung der kollektiven Verteidigung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Mit dem Programm Nato 2030 will sich das Bündnis zudem für die Zukunft rüsten. Der Fokus soll von Europa und Nordamerika auf den Rest der Welt ausgeweitet werden – wohl nicht zuletzt angesichts der grösser werdenden militärischen Bedrohung durch China. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht schon jetzt eine neue Zeit angebrochen. Am Madrider Gipfel erklärte er: «Es ist die grösste Neuaufstellung der kollektiven Verteidigung seit dem Zweiten Weltkrieg.»