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Trumps Zollpolitik Cognac-Produzenten fürchten massiven Einbruch

Die französische Cognac-Branche zittert: Washington droht, europäische Weine und Spirituosen zu 200 Prozent zu verzollen.

Nebelschwaden liegen über dem Städtchen Cognac. Die Strassen sind leer, nur eine Gruppe Schulkinder geht durch das Zentrum, begleitet von mehreren Erwachsenen. In auffallend vielen Schaufenstern sind Spirituosen ausgestellt, ein Geschäft trägt die Überschrift «La Cognathèque».

Steinhaus mit Ladenfassade 'La Cognathèque', dekoriert mit Schaufenstern, Fahrräder davor.
Legende: Das Städtchen Cognac ist unmittelbar mit dem Produkt Cognac verbunden. SRF / Mirjam Mathis

Im Stadtzentrum steht ein Anwesen mit blauen Eisentoren der Firma Martell. Am Ufer des Flusses Charente thront eine grosse Fabrik, in deren Steinfassade wohl vor langer Zeit «Jas Henessy & Co» eingraviert wurde. In der Nähe des Bahnhofs sind riesige Buchstaben aufgestellt: «Rémy Martin» ist dort zu lesen.

Grosses Rémy-Martin-Schild im Freien nahe Parkplatz.
Legende: Rémy Martin ist eine Marke des Spirituosenherstellers Rémy Cointreau und hat seinen Sitz in der Stadt Cognac. SRF / Mirjam Mathis

Das sind drei von insgesamt 250 Cognac-Marken. Seit 300 Jahren wird der Weinbrand in Cognac hergestellt. Es ist die wirtschaftliche Ader der Region: Drei Milliarden Umsatz werden hier durch Cognac jährlich generiert, 70'000 Arbeitsplätze sind gemäss Branchenverband direkt oder indirekt mit der Cognac-Branche verbunden.

Eine Gruppe Rentner hat es sich am Ufer der Charente gemütlich gemacht. Einer trägt einen Pullover mit der Aufschrift Martell. 37 Jahre habe er für die renommierte Cognac-Marke gearbeitet. Jetzt sehe es aber düster aus: «Wenn diese Zölle kommen, hat das schwerwiegende Auswirkungen auf die Cognac-Produzenten», sagt Michel Audebert.

Ältere Männer spielen Brettspiel im Freien an einem Picknicktisch.
Legende: Die angekündigten US-Zölle verunsichern die ehemaligen Arbeitnehmer in Cognac. SRF / Mirjam Mathis

Zum Glück seien sie inzwischen pensioniert, kommentiert sein Kollege, der in einer Kartonfabrik gearbeitet hat. Der Ort lebe nämlich von der Cognac-Produktion: «Dahinter stehen tausende Arbeitsplätze, Zulieferer wie Kartonfabriken, Glashersteller und natürlich die vielen Winzer», erklärt Robert Viseux.

Cognac-Branche ist besorgt

Der nationale Cognac-Branchenverband schlägt Alarm wegen der drohenden Zölle. «Bei Zöllen von 200 Prozent verkaufen wir keine einzige Flasche mehr in die USA», so Präsident Florent Morillon. «Wir haben Ähnliches bereits mit China erlebt: Das Land erhebt seit vier Monaten provisorische Zölle von 35 Prozent auf Cognac und die Auswirkungen sind fatal: Es wurde 60 Prozent weniger Cognac versandt in dieser Zeit.»

Mann giesst Cognac in Gläser in einer Bar.
Legende: Bei Zöllen von 200 Prozent würde eine Flasche Cognac dreimal so viel kosten, sagt Florent Morillon, Präsident des nationalen Cognac-Branchenverbands. SRF / Mirjam Mathis

Die Branche sieht sich ausserdem zu Unrecht im Visier: Die Zölle aus China seien eine Vergeltungsmassnahme wegen der EU-Zölle auf Elektroautos aus China und auch bei den USA sei es Teil des Handelskrieges mit der EU. «Die EU sollte unbedingt den Whiskey aus den USA von der Zollliste nehmen, dies könnte Donald Trump besänftigen.»

Cognac im Ausland bekannter als im Inland

Das Städtchen Cognac ist unmittelbar mit dem Produkt Cognac verbunden. «Viele Touristen kommen hierher wegen des Cognacs», sagt Barbesitzer Germain Canto.

Verschiedene Spirituosenflaschen auf einem Regal.
Legende: Cognac wird aus weissen Weintrauben aus der Cognac-Region hergestellt. SRF / Mirjam Mathis

Im Ausland sei Cognac viel bekannter als in Frankreich. «Die Bedeutung des Weinbrands wird im eigenen Land unterschätzt. In Paris wissen viele Menschen nicht, was Cognac ist», so der Geschäftsmann.

Mann in schwarzer Kleidung hält Flasche und Glas in einer Bar.
Legende: Germain Canto ist Besitzer der Bar Origins im Stadtzentrum. SRF / Mirjam Mathis

Auch wenn der französische Markt noch Potenzial habe, kompensieren könne man den möglichen Verlust mit dem US-Geschäft und China unmöglich, gibt Florent Morillon zu Bedenken: «100 Millionen Flaschen wie in den beiden Hauptmärkten werden wir in Frankreich niemals verkaufen können.»

«Cognac-Bachelor» unter Druck

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Frau mit Brille in einer Stadtstrasse.
Legende: Migueline Sever ist besorgt über die Zukunft der Cognac-Produktion. SRF / Mirjam Mathis

Der Handelskrieg beunruhigt auch die junge Generation. Migueline Sever macht einen «Cognac-Bachelor». Der Handelskrieg beunruhigt sie und ihre Studienkolleginnen und -kollegen: «Wir möchten in die Cognac-Produktion einsteigen. Aber nun müssen wir uns gut überlegen, was wir nebenbei noch machen können, um zu überleben, falls die Krise eintrifft.»

Eine Stunde von Cognac entfernt, im Departement Charente-Maritime, besitzt Jean-Christophe Baraud 28 Hektare Rebberge. «Cognac gibt es seit 300 Jahren. Es gab bessere und schlechtere Zeiten. Aber nun frage ich mich, wie wir diese Krise überstehen sollen.» Aufgeben wolle er nicht: «Wir müssen die Politik dazu bringen, sich für uns einzusetzen und die Zölle abzuwenden.»

Tagesschau, 28.3.2025, 19:30 Uhr;stal;sten

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