Was steht für China auf dem Spiel? Für die Regierung in Peking ist der Ukraine-Konflikt ein Balanceakt. Es scheint, als wolle man eine klare Stellungnahme vermeiden.
Denn einerseits sieht man Russland als Partner, etwa in Sicherheitsfragen in der Region, den man nicht vor den Kopf stossen möchte. China hat aber auch mit der Ukraine gute wirtschaftliche Beziehungen. Die Ukraine ist zudem Teil der «Belt & Road»-Initiative, der neuen Seidenstrasse, die China sehr wichtig ist. Und auch die Beziehungen zur EU will man nicht unnötig strapazieren. Sich auf eine Seite zu schlagen, birgt also die Gefahr, eine andere nachhaltig zu verärgern.
Wie ist das Verhältnis zu Moskau? China und Russland haben sich in den vergangenen Jahren angenähert, vor allem bei ihrer Kritik am Westen, insbesondere an den USA. So spricht sich China ebenfalls gegen eine Nato-Osterweiterung aus und stärkt Russland den Rücken. Die Sicherheitsbedenken seien legitim, liess Peking verlauten.
Auch die russische Truppenentsendung in Richtung Ukraine hat Peking nicht verurteilt. Aber aussenpolitisch pocht China auf territoriale Souveränität und auf das Prinzip des Nichteinmischens. China hatte zudem bis zum Schluss darauf plädiert, eine diplomatische Lösung zu finden.
Was, wenn China doch Position bezieht? Wenn China Russland voll unterstützen würde, würde das sicher zu heftiger Kritik führen, nicht nur vonseiten der US-Regierung, mit der die Beziehungen ja schon schwierig genug sind, aber auch vonseiten der EU. Und China müsste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es eine Aggression der russischen Seite, einen Krieg, billigt. Das würde Chinas Beziehungen zum Westen ernsthaft schaden. Peking ist jedoch grundsätzlich an Stabilität interessiert, davon profitiert man.
Was ist mit den eigenen Ansprüchen? China stellte sich wiederholt auf den Standpunkt, dass die territoriale Integrität von Staaten und deren Souveränität respektiert werden müsse, auch jene der Ukraine. Nun kann man natürlich sagen, das sei insofern ein Widerspruch, als dass China selbst territoriale Ansprüche geltend macht, etwa im Südchinesischen Meer oder vor allem in Bezug auf Taiwan. Aber Chinas Regierung sieht diese Gebiete als eigenes Staatsgebiet an, nicht als fremde Staaten. Insofern ist die Anerkennung der Ukraine für Peking kein Widerspruch.
Was wäre für China die ideale Lösung? Am besten für Peking wäre es, weiterhin starke und enge Beziehungen zu Russland zu haben, gleichzeitig gute Handelsbeziehungen mit der Ukraine und auch keine weitere Verschlechterung der Beziehungen mit den USA, sowie die Möglichkeit, die engen wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU weiter aufrechtzuerhalten. Dazu wäre es wichtig, dass der russische Präsident Wladimir Putin nicht noch weitergeht.