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Stärke durch Sieg über Ukraine Putin spricht von Frieden – will aber keinen

Donald Trump hat es nicht geschafft, den Krieg in der Ukraine innert eines Tages zu beenden. Das könnte nur ein Mann – Wladimir Putin, indem er seine Truppen abzöge und die Ukraine in Ruhe liesse. Weil das als unwahrscheinlich gilt, versucht ihn Trump mit breiten Zugeständnissen zu überzeugen.    

Aber was, wenn Russland trotz aller Zugeständnisse weiterkämpft? Was, wenn Kiew auf Sicherheitsgarantien verzichtet, die besetzten Gebiete aufgibt und Wolodimir Selenski zurücktritt – und Russland einfach weiterhin wellenweise Soldaten in den Tod schickt, um ukrainisches Land zu erobern?

«Russisches Land» befreien – ohne Atempause

Der Kreml behauptet, er sei gesprächsbereit. Doch Russland lehnt alle Vorschläge ab. Die Idee von europäischen Friedenstruppen, die einen Waffenstillstand entlang der Kontaktlinie wahren, würde dem Kreml eine Ukraine ausserhalb der Nato und die faktische Anerkennung seines Eroberungszugs in der Ostukraine bescheren.  

Doch diese Aussicht schmettert Russlands Aussenministerium beiseite: Der Einsatz von Friedenstruppen komme einem Nato-Eintritt in den Krieg gleich, hiess es. Eine Kontaktlinie könne Russland nicht anerkennen – man sei immer noch daran, «russisches Land» zu befreien. Auch eine Waffenruhe lehnt Moskau ab – die Ukraine solle keine «Atempause» bekommen.  

Kreml von Trump eher ermutigt

Der letzte Punkt ist vielsagend: Russland will weiterkämpfen, die ukrainische Armee möglichst zurückdrängen, während ihr die Unterstützung der USA fehlt. Trumps Zugeständnisse haben den Kreml eher ermutigt, als Gesprächsbereitschaft zu erwecken.

Letzte Woche verlangte Putins Sprecher Dmitrij Peskow die Aufhebung der Sanktionen sowie ein Ende der Ukraine-Hilfe – als angebliche Voraussetzung für eine Waffenruhe. Putin spricht von Frieden, fordert aber Schritte, die es ihm leichter machen würden, seinen Krieg zu weiterzuführen.   

Moskau will «Ur-Problem» lösen

Der Kreml pocht unverändert auf die Ziele der sogenannten Spezialoperation: Die «Entmilitarisierung» und «Entnazifizierung» der Ukraine. Was das heisst, liess Aussenminister Sergej Lawrow jüngst durchblicken.

Was letztlich «von der Ukraine übrigbleibe», müsse ebenfalls von «rassistischen, antirussischen Gesetzen befreit» werden, sagte er. Es könne keinen Frieden geben, der nicht «das Ur-Problem des Konflikts» löse: Dass die Ukraine durch den Westen «von Russland entrissen» worden sei, wie er sagte.

Schon immer hat sich Putin das genommen, was er glaubte, sich ohne grosses Risiko nehmen zu können. Auch hier hofft er auf weitere Eroberungen, die die Ukraine als kaum überlebensfähigen, moskauhörigen Rumpfstaat zurücklassen.  

Sieg würde Putins System auf Jahrzehnte hinaus stärken

Zwar hat der Kreml durchaus Schwierigkeiten: Russland erleidet an der Front grosse Verluste, in einigen Gebieten rücken die Ukrainer aktuell gar vor. Die Wirtschaft stagniert und erlebt gleichzeitig eine sehr hohe Inflation. Die einfachen Russinnen und Russen tragen die Last – sind aber bereit, sie hinzunehmen.

Putin dürfte eher im Ende des Krieges ein Risiko sehen: Was tut die Kriegswirtschaft, wenn es keine Panzer mehr braucht? Wie soll der kleingesparte Sozialstaat mit den zurückgekehrten Soldaten umgehen? Wie reagiert das Volk, das so viel geopfert hat, wenn am Ende kein totaler Sieg gefeiert werden kann?  

Der totale Sieg aber scheint so greifbar wie noch nie. Er würde Putins zerstörerische Politik bestätigen und sein System auf Jahrzehnte hinaus stärken. Darum will Russland weiterkämpfen.  

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Echo der Zeit, 8.3.2025, 18 Uhr

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