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Nach Attentat auf Trump Secret-Service-Chefin räumt Versagen ein – nun tritt sie zurück

«Wir haben versagt», gab Kimberly Cheatle in einer Anhörung im US-Kongress zu. Jetzt zieht sie die Konsequenzen.

Das Eingeständnis : Nach dem Attentat auf Ex-Präsident Donald Trump hat Secret-Service-Chefin Kimberly Cheatle ein Versagen des Dienstes eingeräumt. Sie übernehme die volle Verantwortung und werde alles unternehmen, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole, sagte Cheatle am Montag in einer Anhörung im US-Kongress.

Die feierliche Mission des Secret Service ist es, die Führer unserer Nation zu schützen (...). Am 13. Juli haben wir versagt.
Autor: Kimberly Cheatle Chefin des Secret Service

Der Vorfall : Ein Schütze hatte vor gut einer Woche bei einer Wahlkampfveranstaltung der Republikanischen Partei in der Stadt Butler im Bundesstaat Pennsylvania das Feuer eröffnet und auf Trump geschossen. Ein Besucher der Kundgebung starb, zwei weitere wurden verwundet. Trump wurde am rechten Ohr verletzt. Der Täter wurde von Sicherheitskräften getötet.

Die Verletzung : Ein ehemaliger Arzt Trumps im Weissen Haus berichtete am Wochenende, dass der Ex-Präsident von Attentat eine zwei Zentimeter lange Wunde im oberen Bereich seines rechten Ohrs davongetragen hatte, die zu heilen beginne. «Die Kugel war weniger als einen Zentimeter davon entfernt, in seinen Kopf einzudringen», so Ronny Jackson.

Donald Trump hebt die Faust
Legende: Blut am Ohr, Faust in der Luft: der Ex-Präsident in Kämpferpose. Keystone/DAVID MAXWELL

Die Einsicht : Cheatle bezeichnete die Attacke als schwerstes Versagen vom Secret Service seit Jahrzehnten. Forderungen von beiden Seiten des politischen Spektrums zu einem Rücktritt wies sie zunächst zurück – am Dienstag aber verschickte sie eine E-Mail an ihre Mitarbeitenden. Darin hiess es: «Ich übernehme die volle Verantwortung für die Sicherheitslücke. In Anbetracht der jüngsten Ereignisse habe ich schweren Herzens die schwierige Entscheidung getroffen, als Direktorin zurückzutreten.»

Die Chefin des Secret Service Kimberly Cheatle.
Legende: Stand unter Beschuss – im übertragenen Sinn: die Chefin des Secret Service Kimberly Cheatle. Reuters/Kevin Mohatt

Der Vorlauf : In den vergangenen Tagen hatte es Kritik an der Vorgehensweise des Secret Service gegeben, weil der Schütze trotz aller Sicherheitsmassnahmen auf ein Dach mit direkter Sicht zur Bühne gelangen konnte. Ausserdem gab es Berichte, wonach der junge Mann Sicherheitsbeamten bereits vor Trumps Auftritt mit seinem Verhalten aufgefallen war, der Ex-Präsident aber trotzdem die Bühne betreten durfte. Schliesslich berichteten US-Medien am Wochenende, dass der Secret Service in der Vergangenheit Anträge auf mehr Sicherheit für Donald Trump wiederholt abgelehnt hatte.

Ultimative Forderungen : Der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses des Repräsentantenhauses, der Republikaner James Comer, betonte, dass dieses «Drama vermeidbar» gewesen sei. Er liess keinen Zweifel offen, dass Kimberly Cheatle «zurücktreten muss». «Der Geheimdienst darf bei seinen Aufgaben nicht den geringsten Fehler machen, aber er hat am 13. Juli und in den Tagen vor dem Treffen in Pennsylvania versagt.» Ein anderer republikanischer Abgeordneter, Michael Turner, sagte, wenn Cheatle nicht von sich aus ihren Posten verlasse, müsse Joe Biden sie «entlassen, weil ihr Leben, das von Donald Trump und das von allen», die der Geheimdienst beschütze, «in Gefahr» sei.

Einschätzung von US-Korrespondent Andrea Christen

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Kimberley Cheatle war schon angezählt. Republikaner verlangen ihren Rücktritt schon lange. Sie gab sich vorerst standhaft. Aber ihr gestriger Auftritt vor einer Kommission hat sie endgültig den Posten gekostet: Sie wurde in die Mangel genommen, lieferte aber wohl zu wenige und zu wenig konkrete Antworten.

Cheatle müsse gehen, fanden Demokraten und Republikaner – ein seltener Fall der Einigkeit in der stark polarisierten US-Politik. Dass sich ein Attentäter, obwohl er aus dem Publikum gesehen wurde und obwohl Beamte auf ihn aufmerksam gemacht wurden, auf einem Dach in Stellung bringen konnte und aus nur etwa 140 Metern Entfernung abdrücken konnte, war, so Cheatle, «das signifikanteste operative Versagen» des Secret Service seit Jahren.

Vielleicht bezog sie sich auf die Schüsse, die vor über 40 Jahren auf Ronald Reagan abgegeben wurden – und die den damaligen Präsidenten um ein Haar das Leben kosteten. Ihr Versagen hat Cheatle nun erwartungsgemäss ihren Posten gekostet.

Drohungen nehmen zu

Die Aufgabe dieser Behörde, die unter anderem Präsidenten und Vizepräsidenten sowie ihre Familien schützen, ist anspruchsvoll – speziell in der gegenwärtig aufgeheizten politischen Stimmung.

Drohungen gegen Abgeordnete etwa haben massiv zugenommen. Gewalttäter, wie der junge Mann, der auf Donald Trump schoss, haben vielfach einfachen Zugang zu halbautomatischen, sturmgewehrähnlichen Waffen. Doch egal wie anspruchsvoll diese Aufgabe ist, es ist zu vermuten, dass die Untersuchungen, die das Trump-Attentat unter die Lupe nehmen, beträchtliche Sicherheitsmängel feststellen werden.

Am 23. Juli wurde der Abschnitt «Die Konsequenzen» dieses Artikels aktualisiert, der Text im Ganzen leicht angepasst. Ausserdem wurde er nachträglich um eine Analyse ergänzt.

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Legende: SRF

Donald Trump kehrt als 47. Präsident ins Weisse Haus zurück. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024 .

SRF 4 News, 22.07.2024, 17 Uhr ; 

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