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US-Wahlen und Medien Deshalb sorgt Bezos' Verzicht auf eine Wahlempfehlung für Wirbel

Die «Washington Post» verzichtet auf eine Wahlempfehlung und wird kritisiert. Ein Versuch, sich bei Donald Trump anzubiedern?

Darum geht es: Die «Washington Post» verliert derzeit massiv Leserinnen und Leser. Dies, nachdem die Zeitung bekannt gegeben hat, erstmals seit 1988 keine Empfehlung für die US-Präsidentenwahlen aussprechen zu wollen. Die Entscheidung kommt von Amazon-Gründer Jeff Bezos als Besitzer der Zeitung. Nun haben laut US-Medien in rund drei Tagen mehr als 250’000 Abonnenten gekündigt – etwa jeder zehnte Kunde. Angestellte der «Washington Post» berichteten zudem, dass zuvor bereits eine Empfehlung für die Demokratin Kamala Harris geschrieben worden sei – Bezos habe sich aber gegen eine Veröffentlichung entschieden.

Hier steht die «Washington Post» politisch

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«Wer die ‹Washington Post› liest, weiss, dass er einerseits Qualitätsjournalismus in vielen Bereichen erhält», erklärt die Schweizer USA-Expertin Claudia Brühwiler. «Dass es ein Blatt mit einer investigativen Kultur und grossen Geschichte ist. Man denke an die Pentagonpapers.» Zudem deckte die Zeitung in den 70er-Jahren den «Watergate»-Skandal auf, was zum Rücktritt des republikanischen Präsidenten Richard Nixon führte.

Andererseits ist für Brühwiler klar, wo die Zeitung politisch steht. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 beispielsweise sprach die Redaktion der Demokratin Hillary Clinton und dem Demokraten Joe Biden ihre Unterstützung aus. «Man weiss, dass, wenn die Redaktion sich selbst zu Wort meldet, der Bezug auf die Präsidentschaftswahlen nichts Besonderes ist.» Auch habe die Zeitung für andere Ämter, die 2024 zur Wahl stehen, bereits Empfehlungen ausgesprochen. Und so schliesst Brühwiler: «Die Abonnentinnen und Abonnenten der ‹Washington Post› strafen nun einen Schlingerkurs ab, den sie nicht glaubwürdig finden.»

Deshalb ist der Entscheid überraschend: Die «Washington Post» hat sich 2017, zum Amtsantritt von Trump, für die gesamte Zeitung ein neues Motto gegeben: Democracy dies in darkness (Demokratie stirbt im Dunkeln). «Das Motto allein ist eine Breitseite gegen Trump. Entsprechend lesen sich auch die Meinungsseiten der Zeitung», meint die Schweizer USA-Expertin Claudia Brühwiler. Die Wahlempfehlung durch die «Washington Post» sei somit schon längst gefallen.

Eine «merkwürdige Begründung» von Jeff Bezos: Der Besitzer der «Washington Post» hat seinen Entscheid zum Verzicht auf eine Wahlempfehlung unter anderem damit begründet, dass viele Menschen Medien für parteiisch hielten. Brühwiler findet: «Die Begründung liest sich sehr merkwürdig, vor allem so kurz vor den Wahlen.» Sie lege auch nahe, was Trump und viele andere der Zeitung immer wieder vorgeworfen haben: «Dass es sich nicht um eine unabhängige Zeitung handelt, sondern um die ‹Amazon Washington Post›». Denn Bezos mische sich hier in einem Bereich ein, bei dem erwartet würde, dass die Redaktion unabhängig von ihrem Eigner sei.

Der Multimilliardär Jeff Bezos

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Mann im Anzug vor blauem Hintergrund.
Legende: Jeff Bezos während einer Vorstellung des Amazon Fire Phone in Seattle. (18.06.2014) Keystone/AP Photo/Ted S. Warren

In der Milliardärsrangliste des Finanzdienstes Bloomberg liegt Jeff Bezos mit einem geschätzten Vermögen von über 150 Milliarden Franken auf dem zweiten Platz. Vor ihm steht lediglich noch Tesla-Chef Elon Musk. Der kometenhafte Aufstieg in die Sphäre der Superreichen beginnt für Bezos aber eigentlich ganz bescheiden. Jeffrey Preston Bezos kommt 1964 in New Mexico zur Welt. Seine Mutter ist damals erst 16 Jahre alt. Seine Eltern trennen sich, als er noch klein ist.

Die Schulzeit sowie das Studium in Informatik und elektrischer Energietechnik schliesst er mit Bestnoten ab. In den 90er-Jahren gibt er eine aussichtsreiche Karriere an der New Yorker Wall Street auf und geht nach Seattle. Im Juli 1994 gründet er dort in einer Garage Amazon.

Bezos führt Amazon zwar nicht mehr selbst – sein Vermögen besteht aber zum grossen Teil aus Aktien des weltgrössten Online-Händlers. Zudem gehört ihm die Weltraumfirma Blue Origin, die auf Staatsaufträge angewiesen ist. Die «Washington Post» kaufte der Multimilliardär 2013.

Die Spekulationen um Donald Trumps Einfluss: Eine Trump-Regierung könnte Bezos' Unternehmen – beispielsweise der Weltraumfirma Blue Origin, die auf Staatsaufträge angewiesen ist – das Leben schwer machen. Deshalb werfen kritische Stimmen Bezos vor, den Verzicht auf eine Wahlempfehlung aus Angst vor finanziellen Einbussen angeordnet zu haben. Öl ins Feuer goss auch, dass sich Blue-Origin-Chef Dave Limp nur wenige Stunden nach Bekanntwerden der Entscheidung mit Trump in Florida traf. Er habe davon vorher nicht gewusst, schrieb Bezos. Der konservative Meinungskolumnist Robert Kagan, der die Zusammenarbeit mit der «Washington Post» gekündigt hat, sagte gegenüber CNN: «Es ist ein offensichtlicher Versuch von Jeff Bezos, sich bei Donald Trump anzubiedern.» Bezos selbst behauptet allerdings, dass seine wirtschaftlichen Interessen keine Rolle spielen würden.

So steht es in den USA um das Vertrauen in die Medien: Laut einer Umfrage des Meinungs­forschungs­instituts Gallup haben nur noch 31 Prozent der Befragten volles oder mehrheitliches Vertrauen in die Massenmedien. Laut USA-Expertin Claudia Brühwiler liegt es nicht nur daran, dass viele Medien klare Positionen beziehen, sondern, dass sogenannte alternative Medien verfolgen, wie diese Positionsnahme vollzogen wird und darauf aufbauend Zweifel über die übrige Berichterstattung säen würden. «So gibt es eben auch Medien, die genau darauf ausgerichtet sind, diese Zweifel auszuschlachten. Man denke zum Beispiel an Fox News, das eigentlich schon von Anbeginn darauf ausgerichtet ist, die Glaubwürdigkeit anderer Medien infrage zu stellen.»

Mitarbeit: Rachel Beroggi

US-Wahlen 2024

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Legende: SRF

Donald Trump kehrt als 47. Präsident ins Weisse Haus zurück. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024 .

SRF 4 News, 30.10.2024, 11:45 Uhr, awp:schn

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