Die Demokratin Kamala Harris verliert deutlicher gegen Donald Trump als erwartet. Sie konnte keinen Swing State für sich entscheiden. Fünf Erklärungen zu Harris' Niederlage.
1. Hauptthemen ziehen nicht
Kamala Harris predigte vor allem über Abtreibungsrechte. Diese sind in den USA zwar stark eingeschränkt worden, doch ausser ein paar Demokratinnen und Menschen in hippen Gegenden wie Beverly Hills oder Manhattan kümmert das Thema kaum jemanden. Weil man es sich nicht leisten kann, das Kümmern. In vielen Haushalten der USA vernichtet die Inflation die Einkommen. Vorher ruinierte die Coronapandemie die Lebensgrundlage der unteren Schichten, sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich. Deshalb hat das Thema Abtreibung die Frauen – anders als bei den Zwischenwahlen 2022 – nicht wie erhofft elektrisiert und die übrige Wählerschaft noch weniger. Bleibt das Trump-Bashing als zweites Thema. Der Wahlsieg der Republikaner zeigt, dass es nicht reicht, lediglich kein Donald Trump zu sein.
2. Arbeiterschaft verloren
Traditionell stimmten die amerikanischen «Blue-Collar-Worker» jeweils für die Demokraten. Dass Arbeiter in blauen Überkleidern für einen Millionär stimmen würden? Unvorstellbar. Bis die Industrie im Nordosten der USA unterging. Und sich niemand dafür interessierte, wie Heerscharen von arbeitslosen Familienvätern ihre Kinder ernähren könnten. Präsident Obama pumpte zwar viel Geld in eine Belebung, etwa der Autoindustrie. Doch es reichte nicht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Arbeiter sagten, warum nicht dieser Trump. Er soll jetzt mal zeigen, was er drauf hat. Donald Trump ist es diesmal geglückt, die traditionell eigentlich demokratische Arbeiterschaft endgültig auf seine Seite zu ziehen.
3. Keine Antwort auf Inflation
Sobald Kamala Harris als neue Präsidentschaftskandidatin in Erscheinung trat, wurde sie gefragt, wie sie gegen die Inflation kämpfen wolle. Die Antworten waren schwammig und ausweichend. Dann gab sie deutlichere Signale: Steuererhöhungen für Unternehmen und die finanzielle Unterstützung für Familien und Kinder anheben. Doch es kam nicht an und es kam zu spät. Die Umfragen zeigten immer dasselbe. Die Wählerschaft traute ihr in der Wirtschaftspolitik keine Lösungen zu. Dabei drückte die Inflation auf das Portemonnaie.
4. Kamala who?
Als Vizepräsidentin blieb Kamala Harris blass. Doch kaum jemand vermisste sie, auch Joe Biden trat selten mit ihr auf. Als der alternde Präsident eine erneute Kandidatur verwarf, wurde Kamala Harris zur grossen Hoffnungsträgerin. Viele im Land atmeten auf. Jetzt konnten die Demokraten wieder auf einen Wahlsieg hoffen. Auch durch die Medien ging ein Ruck. Sie feierten kräftig mit beim Fest für die erste Frau, die zur mächtigsten Frau der Welt werden könnte. Doch die Zeit von ein paar Monaten bis zur Wahl war sehr kurz, um die fast unbekannte, weil unsichtbare Vizepräsidentin wählbar zu machen. In Umfragen konnte sie Donald Trump kaum distanzieren.
5. Geschlecht und Hautfarbe
Für den fünften Grund kann Kamala Harris nichts. Und zwar, dass sie eine nicht-weisse Frau ist. Die US-Gesellschaft ist in weiten Teilen des Landes immer noch sexistisch und rassistisch. Viele amerikanische Männer würden nicht wollen, dass eine Frau das Sagen hat, folgerten demokratische Experten auf CNN. Und eine Dunkelhäutige schon gar nicht. Auch wenn sie selber nicht weiss sind. Trotz Donald Trumps Hetze gegen Minderheiten und Migranten wählten ihn mehr Latinos, mehr Afroamerikaner und auch mehr junge Männer als erwartet.