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Verfassungsreform in Italien Melonis Reform nimmt die erste Hürde

  • Die kleine Kammer des italienischen Parlaments, der Senat, hat einer Verfassungsreform zugestimmt. Es fehlt die Zustimmung der Abgeordnetenkammer.
  • Die Reform will, dass die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident direkt vom Volk gewählt wird. Zudem soll die meistgewählte Partei einen Mehrheitsbonus erhalten.
  • Allerdings wird wahrscheinlich das Volk das letzte Wort haben, sollte bei der Endabstimmung im Parlament nicht eine Zwei-Drittels-Mehrheit zustimmen.

Der italienische Senat hat die umstrittene Verfassungsreform der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gebilligt. 109 Abgeordnete stimmten am Dienstag in der kleineren der beiden Parlamentskammern in Rom für die Reform, 77 dagegen. Die Reform hat damit eine erste Hürde genommen. Dabei geht es im Kern darum, dass der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin direkt gewählt wird.

Verfassungsänderungen in Italien

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Für jede Verfassungsänderung ist in eine Zweidrittelmehrheit in den beiden Kammern des Parlaments nötig. Kommen diese nicht zustande, muss darüber in einem Referendum abgestimmt werden. Zuletzt scheiterte der damalige Regierungschef Matteo Renzi 2016 an einem Verfassungsreferendum und musste daraufhin zurücktreten.

Die Rechtsregierung in Rom will mit der Reform gegen die chronische Instabilität italienischer Regierungen ankämpfen. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hatte insgesamt fast 70 Regierungen. Einig sind sich viele, dass deshalb das politische System reformiert werden muss. Allerdings wird die Reform der Meloni-Regierung von der Opposition scharf kritisiert.

Unklarer Wahlmodus

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SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel sagt, die Reform sei zwar schon im Parlament, aber eigentlich noch nicht fertig durchdacht. «Es ist unklar, wie die Premierministerin oder der Premierminister gewählt werden soll, ob ein relatives Mehr reicht oder ob es eine Stichwahl braucht.» Auch nicht geklärt sei, was passiere, wenn die Premierministerin oder der Premierminister im Parlament keine Mehrheit bekomme.

Die Opposition befürchtet, dass Melonis Reform dem Parlament und dem Staatspräsidenten wichtige Kompetenzen entziehen könnte. Die Rolle des Staatspräsidenten mit seiner ausgleichenden Schlüsselfunktion würde verringert. Oppositionsführerin Elly Schlein sagte, die Reform würde das Machtgefüge in auf den Kopf stellen. Auf eine einzige Person würde sich so die Macht konzentrieren. Die Opposition kündigte an, gegen das Vorhaben vorgehen zu wollen.

Zweite Reform zur Autonomie

Eine weitere Reform der Regierung Meloni hat die parlamentarischen Hürden genommen: das umstrittene Autonomiegesetz. «Im Kern geht es darum, Kompetenzen, die heute der Zentralstaat innehat, an die Regionen zu delegieren», sagt SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel. Der Süden Italiens befürchte aber, leer auszugehen.

Es sei offen, ob die Reform wirklich zustande komme, denn auch hier sei die gesamte politische Opposition dagegen. Die Abgeordnetenkammer in Rom hat heute einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt, doch laut Franco Battel ist das Gesetz damit noch nicht rechtskräftig. Es blieben noch die Hürden einer eventuellen Volksabstimmung und des Verfassungsgerichts.

Rendez-vous, 19.06.2024, 12:30 Uhr ; 

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