Chinas «Parlament» tagt: Knapp 3000 Delegierte der kommunistischen Partei Chinas haben sich in der grossen Halle des Volkes in Peking zur alljährlichen Plenarsitzung eingefunden. Während der mehrtägigen Veranstaltung stehen die Wirtschaftsziele, der Haushalt, der neue Fünf-Jahres-Plan von 2021 bis 2025 sowie die umstrittene Wahlreform in Hongkong im Zentrum. Die Sitzung dauert bis nächsten Donnerstag, also eine knappe Woche.
Wirtschaft in voller Fahrt: Im laufenden Jahr strebe man ein Wirtschaftswachstum von «mehr als sechs Prozent» an, sagte Regierungschef Li Keqiang zur Eröffnung der Jahrestagung. Dabei müsse der Entwicklung der heimischen Wirtschaft «Vorrang gegeben» werden. Auch solle die eigene Innovation viel stärker als früher gefördert werden, um die technologischen Abhängigkeiten zu verringern. SRF-Chinakorrespondent Martin Aldrovandi sagt dazu, China habe sich von der Corona-Pandemie früh und rasch erholt. «Deshalb ist man in China optimistischer als anderswo.»
Unabhängiger werden: Eine wichtige Neuausrichtung ist das Konzept der «zwei Kreisläufe», mit der die wirtschaftliche Inlandszirkulation gefördert werden soll. Damit will sich China wegen der Sanktionen der USA und der globalen Krise selbstständiger machen. Im Rahmen des Fünf-Jahres-Plans solle die Strategie verfolgt werden, «die Binnennachfrage auszubauen, die strukturellen Reformen auf der Angebotsseite zu intensivieren und mit innovationsgetriebener Entwicklung und qualitativ hochwertigen Angeboten neue Nachfrage zu generieren», sagte Li. Dabei bleibe Innovation das Herzstück der Modernisierungsoffensive.
Höhere Militärausgaben: China will seine Militärausgaben in diesem Jahr um 6.8 Prozent steigern. Damit wachsen die Ausgaben für die Streitkräfte erneut schneller als der Gesamthaushalt. Im letzten Jahr hatten die Armeeausgaben um 6.6 Prozent zugenommen, bei einem offiziellen Wirtschaftswachstum von 2.3 Prozent. Angesichts der wachsenden Spannungen mit den USA, Indien, Taiwan und im umstrittenen südchinesischen Meer mache die Erhöhung des Armeebudgets aus Sicht Pekings Sinn, sagt Aldrovandi. Dabei spreche China natürlich von «Verteidigungsausgaben». Li seinerseits sagte: «Die strategischen Fähigkeiten des Militärs, die Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen unseres Landes zu schützen, werden ausgebaut.»
Wahlreform für Hongkong: Der Volkskongress wird auch eine Wahlreform für Hongkong verabschieden. Kernstück ist eine Veränderung des Wahlgremiums, welches jeweils Hongkongs Regierungschef wählt. Ziel ist dabei eine noch weitergehende Stärkung der pro-Peking-Kräfte. «Doch schon jetzt sind alle bekannten Demokratieaktivisten von Hongkong im Exil oder sie sitzen bereits in Haft – da kann man sich natürlich fragen, weshalb eine weitere Verschärfung nötig ist», sagt Aldrovandi. «Offensichtlich will Peking die Demokratiebewegung in Hongkong jetzt vollständig auslöschen», kommt der Korrespondent zum Schluss.