Die demokratischen Werte robuster vertreten zu wollen gegenüber China, das verkündete Aussenminister Ignazio Cassis bereits letzten Sommer. Was er damit meinte, sagte er jüngst in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF: «Wenn wir zusammen mit der Weltgemeinschaft immer wieder auf gewisse Menschenrechtsverletzungen hinweisen, dann steigt der Druck.»
Unterstützung erhält er auch von seiner Partei. Sie hat eine Chinastrategie ausgearbeitet, nach der die Schweiz in den Beziehungen zu China den Akzent verschieben soll. «Wir wollen die Menschenrechte vermehrt thematisieren», sagt FDP-Ständerat Damian Müller. Das sei im Rahmen der laufenden Kontakte möglich. «Aber wir müssen das vor Ort im persönlichen Gespräch tun, ohne über die Medien irgendwelches Bashing zu produzieren.»
Die Menschenrechte in China thematisieren: Das tut die Schweiz bereits seit Jahren im Rahmen des Menschenrechtsdialogs, das es mit China führt. Dieser Dialog ruht allerdings seit zwei Jahren. Denn China hat ihn sistiert.
Zustimmung zu Investitionskontrollen
Eine Kehrtwende vollzieht die FDP beim Thema Investitionskontrollen. Noch vor kurzem kämpfte sie im Parlament dagegen an. Heute ist sie dafür. Müller sagt, es müsse verhindert werden, dass China Infrastrukturen oder strategisch relevante Schweizer Konzerne aufkaufen könne: «Man muss jetzt einen Schutzmechanismus aufzeigen. Da ist der Bundesrat gefordert.»
Kritisch beurteilt Müller auch die neue Seidenstrasse, das Infrastrukturprojekt, mit dem China zentralasiatische Staaten von sich abhängig macht und auch europäische Häfen aufkauft. «Da müssen wir wirklich extrem aufpassen.»
Auf die Frage, ob es klug war, dass die Schweiz vor zwei Jahren eine Absichtserklärung unterzeichnet hat zur Zusammenarbeit bei diesem Projekt, weicht Müller aus. Dass China nicht davor zurückscheut, Länder wirtschaftlich abzustrafen, sorge ihn nicht, sagt der Präsident der aussenpolitischen Kommission. «China ist auch gut beraten, zu sehen, was die Welt so macht. Deshalb habe ich keine Angst, wenn China etwas Druck machen sollte.»
«Alter Wein in neuen Schläuchen»
Als einzige andere Bundesratspartei hat neben der FDP auch die SP eine Chinastrategie verfasst, allerdings schon vor drei Jahren. SP-Aussenpolitiker Fabian Molina kritisiert das neue Konzept der Freisinnigen: «Die Strategie der FDP ist alter Wein in neuen Schläuchen. Sie will an sich nichts an den bisherigen Beziehungen zwischen China und der Schweiz ändern.»
Die internationale Rechtsordnung und die universellen Rechte müssten verteidigt werden. China stelle beides infrage. Das Ziel könne die Schweiz nicht alleine erreichen, so Molina: «Solange sie sich nicht mit anderen Ländern zusammentut, sondern zwischen Wirtschaft und Menschenrechten hin- und herschwankt, werden wir keine Verhaltensänderung bewirken können.»
Die SP fordert, dass die Schweiz gegenüber China mit der EU zusammenspannt. Ebenso sollen sich die Schweizer Konzerne einer Initiative anschliessen, um Arbeitsstandards in chinesischen Fabriken durchzusetzen. Einzig bei der Frage der Investitionskontrollen sind sich die Parteien inzwischen einig. So unterschiedlich die Konzepte, so finden doch beide Parteien, dass es einen Kurswechsel braucht in der Chinapolitik.
Bald wird auch bekannt, wie ein solcher aussehen wird: Der Bundesrat will seine neue Chinastrategie diesen Frühling vorlegen.