- Die EU-Kommission hat in einigen Mitgliedstaaten Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit ausgemacht.
- Konkret benannt in dem Bericht werden Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Kroatien und die Slowakei.
- Ungeachtet von Drohungen aus Ungarn und Polen hat eine Mehrheit der EU-Staaten nun ein Verfahren zur Bestrafung von Verstössen gegen die Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Union auf den Weg gebracht.
In ihrem ersten Bericht zum Thema Rechtsstaatlichkeit überhaupt verweist die Brüsseler Behörde vor allem auf Einschränkungen der Justiz und von Medien, die Risiken für demokratische Standards darstellten.
Der Bericht, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte, sollte im Lauf des Mittwochs veröffentlicht werden.
Coronakrise als «Stresstest»
Darin heisst es, die Coronakrise sei eine Art «Stresstest» für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Staaten. Einige Massnahmen, die einzelne Staaten wegen der Krise ergriffen hätten, seien zu weit gegangen.
«In bestimmten Mitgliedstaaten wurden Medien und die Zivilgesellschaft neuen Hürden ausgesetzt.» Zudem sei die Unabhängigkeit der Justiz unterwandert worden, heisst es im Bericht.
Polens Justizreformen seit 2015 würden grosse Kontroversen auslösen, heisst es weiter. Auch in Ungarn seien Änderungen Anlass zur Sorge mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz. Mit Blick auf Korruption äusserte die Kommission Kritik an Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Malta und der Slowakei.
Rechtsstaatlichkeit Bedingung für Finanzhilfe
Das Thema Rechtsstaatlichkeit spielt auch eine Rolle bei der künftigen Vergabe von EU-Finanzhilfe an die Mitgliedstaaten. Die amtierende deutsche Ratspräsidentschaft will hier eine Verbindung herstellen.
Ein entsprechender Vorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bekam am Mittwoch in Brüssel die erforderliche Unterstützung, wie ein Sprecher mitteilte. Damit können nun Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen.
Ungarn und Polen drohen mit Blockade
Brisant ist der Mehrheitsbeschluss vom Mittwoch, weil Ungarn und Polen mit einer Blockade von wichtigen EU-Entscheidungen zum langfristigen Gemeinschaftshaushalt drohen, sollte der neue Rechtsstaats-Mechanismus eingeführt werden. Dies könnte zum Beispiel dazu führen, dass das geplante Corona-Konjunkturprogramm nicht starten kann.
Der Vorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sieht unter anderem vor, Kürzungen von EU-Finanzhilfen zu ermöglichen, wenn Verstösse gegen die Rechtsstaatlichkeit «in hinreichend direkter Weise» Einfluss auf die Haushaltsführung und die finanziellen Interessen der Union haben.