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Wird die rechtsextreme «Konfederacja» zur Königsmacherin?
Aus Echo der Zeit vom 09.10.2023. Bild: Keystone/EPA/Pawel Supernak
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Wahlen in Polen Ultrarechte könnten entscheiden, wer Polen regiert

In Polen kommt die ultrarechte Partei Konfederacja in Umfragen auf den dritten Platz. Sie dürfte nach den Wahlen im Oktober eine wichtige Rolle spielen.

Die Bühne im zentralpolnischen Bydgoszcz ist noch leer. Und doch machen junge Männer bereits Selfies von sich, ihren Bierbechern und ihrem Idol. Ein Portrait von Slawomir Mentzen, dem Spitzenkandidaten der Konfederacja, ist auf eine Leinwand projiziert.

Worum es bei den Wahlen in Polen geht

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Seit 2015 wird Polen von der rechtskonservativen PiS unter der Führung von Jaroslaw Kaczynski regiert. Sie hat in diesen Jahren unter anderem Teile der Justiz unter ihre Kontrolle gebracht, die Medienfreiheit angegriffen und die Sozialleistungen ausgebaut.

Stärkste Oppositionspartei ist die KO, die Bürgerplattform von Ex-EU-Ratspräsident Donald Tusk. Zusammen mit anderen, kleineren Parteien will sie die PiS von der Macht verdrängen. Dazu hat die ursprünglich liberale KO die grosszügigere Sozialpolitik der PiS weitgehend übernommen.

Gemäss Umfragen bleibt die PiS auch nach den Wahlen am 15. Oktober die stärkste Partei in der polnischen Abgeordnetenkammer. Aber es ist gut möglich, dass weder die PiS noch die von Tusk angeführte Opposition eine Mehrheit zusammenbringen. Dann würde wohl die ultrarechte Konfederacja zur Königsmacherin werden.

Der glattrasierte Mittdreissiger hat die Konfederacja umgeformt. Aus einem obskuren Sammelbecken von Rechtsextremen, Monarchistinnen und Ultraliberalen hat er eine Partei gemacht, die heute bei Erstwählerinnen und -wählern in Polen beliebter ist als jede andere. Ob sie so erfolgreich ist, obwohl führende Mitglieder immer wieder mit antisemitischen und homophoben Aussagen auffallen, oder ob das sogar ein wichtiger Grund für den Erfolg ist, ist umstritten.

«Die Konfederacja ist die einzige Partei, die uns Jungen etwas bietet»

«Die Konfederacja ist wie Donald Trump», sagt Marcin. «Trump steht für ‹America first›. Bei der Konfederacja kommen die Polen zuerst.» Das heisst für den bärtigen Metallarbeiter: weniger Unterstützung für ukrainische Kriegsflüchtlinge und längerfristig ein Austritt Polens aus der EU.

Wahlveranstaltung der Konfederacja
Legende: Die Wahlveranstaltungen der Konfederacja sind eher Politshows. SRF / Roman Fillinger

Die Studentinnen Ela und Natalia gehören zu den wenigen Frauen an diesem Abend. Ihnen gefallen die frechen Tiktok-Videos des Konfederacja-Stars Mentzen – und seine Wirtschaftspolitik: «Die Konfederacja ist die einzige Partei, die Rezepte anbietet, die gut für junge Menschen sind», sagt Ela. Das heisst für sie: weniger Sozialleistungen, weniger Steuern.

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Der Spitzenkandidat der Konfederacja tritt auf die Bühne
Aus News-Clip vom 19.09.2023.
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Und dann geht es los: Feuerwerk explodiert. Aus dem Rauch tritt Slawomir Mentzen auf die Bühne. Und schon sind wir mittendrin in der Mentzen-Show.

Jeder Vorwurf eine Vorlage für eine Pointe

Auf der Leinwand: Mentzen in der Uniform der Faschisten. «Ich soll Ansichten haben, die an Faschismus grenzen», sagt Mentzen. Es folgen Memes, satirische Bilder und Videos von Mentzen, der angeblich Frauen hasst, Mentzen, der angeblich Kinder schlägt, Mentzen, der angeblich Alkoholiker ist – jeder Vorwurf seiner Gegner Vorlage für eine ironische Pointe.

Dann kommen seine Gegner dran: Jaroslaw Kaczynski und Donald Tusk, die Chefs der Regierungs- respektive der grössten Oppositionspartei. Als lebensgrosse Kartonfiguren werden sie auf die Bühne gebracht.

Knallige Show, knalliges Programm

«Diese beiden älteren Herren haben in den meisten Dingen dieselben Ansichten», sagt Mentzen. «Die wahre Trennlinie ist die zwischen uns und ihnen.» Ein junger Mann kommt auf die Bühne. Er soll die Kartonpolitiker ins Gefängnis bringen. Das Publikum johlt.

Kartonfiguren stehen neben Mentzen auf der Bühne.
Legende: Auch seine Gegner – aus Karton – kommen auf die Bühne. SRF / Roman Fillinger

Mentzen jagt von Pointe zu Pointe; auch wenn es um sein Kernthema geht: die Wirtschaftspolitik. Die heutige Regierung habe keinen Plan, ausser Geld zu drucken und aus Helikoptern abzuwerfen, ruft er ins Publikum. Ein Knall. Aus einer Kanone regnet es Spielzeugmilliarden.

Spielgeld regnet auf das Publikum.
Legende: Spielgeld regnet auf das Publikum. SRF / Roman Fillinger

Knalliges verspricht Mentzen auch für den Tag, an dem er Finanzminister werde: «Ich werde die Hälfte der Beamten entlassen und dann Steuern streichen.»

Jeder schaut für sich

Die Bühnenshow geht zu Ende – und genauso wichtig wie das, was Mentzen angesprochen hat, ist, was er ausgespart hat.

Kein Wort über sozial Schwache – das Leitmotiv der Konfederacja ist: Jeder schaut für sich. Kein Wort über Juden und kein Wort gegen Schwule – die Konfederacja und ihre Spitzenpolitiker versuchen, von ihrer antisemitischen und homophoben Vergangenheit loszukommen. Auch über Abtreibung verliert Mentzen kein Wort. Er hat gedroht, Frauen, die abtreiben, ins Gefängnis zu stecken, weiss aber: Das kommt bei jungen Wählerinnen schlecht an.

Konfederacja-Anhänger machen Selfies mit Mentzen.
Legende: Wichtig für die jungen Anhänger der Konfederacja: das Selfie mit dem Politidol Mentzen. SRF / Roman Fillinger

Den jungen Konfederacja-Anhängern scheint das recht zu sein. Sie stehen lange Schlange, um auch noch mit dem echten Mentzen ein Selfie zu machen. Und sie sind in ganz Polen so zahlreich, dass die Konfederacja nach den Wahlen am 15. Oktober mitentscheiden könnte, wer Polen künftig regiert.

Echo der Zeit, 9.10.2023, 18:00 Uhr

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