Die Bühne im zentralpolnischen Bydgoszcz ist noch leer. Und doch machen junge Männer bereits Selfies von sich, ihren Bierbechern und ihrem Idol. Ein Portrait von Slawomir Mentzen, dem Spitzenkandidaten der Konfederacja, ist auf eine Leinwand projiziert.
Der glattrasierte Mittdreissiger hat die Konfederacja umgeformt. Aus einem obskuren Sammelbecken von Rechtsextremen, Monarchistinnen und Ultraliberalen hat er eine Partei gemacht, die heute bei Erstwählerinnen und -wählern in Polen beliebter ist als jede andere. Ob sie so erfolgreich ist, obwohl führende Mitglieder immer wieder mit antisemitischen und homophoben Aussagen auffallen, oder ob das sogar ein wichtiger Grund für den Erfolg ist, ist umstritten.
«Die Konfederacja ist die einzige Partei, die uns Jungen etwas bietet»
«Die Konfederacja ist wie Donald Trump», sagt Marcin. «Trump steht für ‹America first›. Bei der Konfederacja kommen die Polen zuerst.» Das heisst für den bärtigen Metallarbeiter: weniger Unterstützung für ukrainische Kriegsflüchtlinge und längerfristig ein Austritt Polens aus der EU.
Die Studentinnen Ela und Natalia gehören zu den wenigen Frauen an diesem Abend. Ihnen gefallen die frechen Tiktok-Videos des Konfederacja-Stars Mentzen – und seine Wirtschaftspolitik: «Die Konfederacja ist die einzige Partei, die Rezepte anbietet, die gut für junge Menschen sind», sagt Ela. Das heisst für sie: weniger Sozialleistungen, weniger Steuern.
Und dann geht es los: Feuerwerk explodiert. Aus dem Rauch tritt Slawomir Mentzen auf die Bühne. Und schon sind wir mittendrin in der Mentzen-Show.
Jeder Vorwurf eine Vorlage für eine Pointe
Auf der Leinwand: Mentzen in der Uniform der Faschisten. «Ich soll Ansichten haben, die an Faschismus grenzen», sagt Mentzen. Es folgen Memes, satirische Bilder und Videos von Mentzen, der angeblich Frauen hasst, Mentzen, der angeblich Kinder schlägt, Mentzen, der angeblich Alkoholiker ist – jeder Vorwurf seiner Gegner Vorlage für eine ironische Pointe.
Dann kommen seine Gegner dran: Jaroslaw Kaczynski und Donald Tusk, die Chefs der Regierungs- respektive der grössten Oppositionspartei. Als lebensgrosse Kartonfiguren werden sie auf die Bühne gebracht.
Knallige Show, knalliges Programm
«Diese beiden älteren Herren haben in den meisten Dingen dieselben Ansichten», sagt Mentzen. «Die wahre Trennlinie ist die zwischen uns und ihnen.» Ein junger Mann kommt auf die Bühne. Er soll die Kartonpolitiker ins Gefängnis bringen. Das Publikum johlt.
Mentzen jagt von Pointe zu Pointe; auch wenn es um sein Kernthema geht: die Wirtschaftspolitik. Die heutige Regierung habe keinen Plan, ausser Geld zu drucken und aus Helikoptern abzuwerfen, ruft er ins Publikum. Ein Knall. Aus einer Kanone regnet es Spielzeugmilliarden.
Knalliges verspricht Mentzen auch für den Tag, an dem er Finanzminister werde: «Ich werde die Hälfte der Beamten entlassen und dann Steuern streichen.»
Jeder schaut für sich
Die Bühnenshow geht zu Ende – und genauso wichtig wie das, was Mentzen angesprochen hat, ist, was er ausgespart hat.
Kein Wort über sozial Schwache – das Leitmotiv der Konfederacja ist: Jeder schaut für sich. Kein Wort über Juden und kein Wort gegen Schwule – die Konfederacja und ihre Spitzenpolitiker versuchen, von ihrer antisemitischen und homophoben Vergangenheit loszukommen. Auch über Abtreibung verliert Mentzen kein Wort. Er hat gedroht, Frauen, die abtreiben, ins Gefängnis zu stecken, weiss aber: Das kommt bei jungen Wählerinnen schlecht an.
Den jungen Konfederacja-Anhängern scheint das recht zu sein. Sie stehen lange Schlange, um auch noch mit dem echten Mentzen ein Selfie zu machen. Und sie sind in ganz Polen so zahlreich, dass die Konfederacja nach den Wahlen am 15. Oktober mitentscheiden könnte, wer Polen künftig regiert.