In Thailand war die Überraschung letztes Jahr gross: Denn der unerwartete Wahlsieger Pita Limjaroenrat und seine progressive Move-Forward-Partei versprachen nichts anderes als eine Neuausrichtung der thailändischen Politik. Pita Limjaroenrat wurde gefeiert wie ein Superstar. «Vielen Dank, dass Ihr Teil des Wandels seid! Der Sieg der Move-Forward-Partei ist ein Sieg des Volkes!» sagte er, als er zu seinen Anhängern sprach.
Am Tag zuvor hatte seine Partei die Wahlen haushoch gewonnen. Die Parteien, die der Militärjunta nahestehen und zuvor fast zehn Jahre an der Macht waren, belegten die hinteren Plätze. Die thailändische Bevölkerung habe ihren Wunsch ganz klar ausgedrückt, erklärte Pita auf einer Pressekonferenz gegenüber internationalen Medien. Er sei bereit, das Amt des Premiers anzutreten, so Pita in perfektem Englisch.
Aufgewachsen in einem wohlhabenden und politisch gut vernetzten Elternhaus, verbrachte Pita einen Teil seiner Schulzeit in Neuseeland. Später studierte er in Thailand und in den USA, dort unter anderem an der Harvard Universität.
Für die Politik habe er sich schon früh interessiert, sagte Pita in einem Interview mit dem thailändischen Fernsehen. «Als ich 12, 13 Jahre alt war, gab es bei meiner Gastfamilie in Neuseeland nur drei Fernsehkanäle. Diese zeigten Rugby, Cricket oder Nachrichten aus dem Parlament. Während ich meine Hausaufgaben machte, hörte ich die Parlamentsdebatten und ich lernte, wie wichtig diese Debatten sind», erzählt Pita. Als Parteichef von Move Forward verspricht Pita unter anderem, das mächtige Militär zu reformieren, auch soll das strenge Gesetz gegen Majestätsbeleidigung gelockert werden.
In Regierung unerwünscht
Aber die Mächtigen im Land wollen den Reformer nicht in der Regierung. Mit juristischen Kniffs, Vorwürfen und Klagen wollen sie ihn von der Macht fernhalten. Am Ende scheitert Pita am Wahlprozedere im Parlament. Denn: Die von der Militärjunta bestimmten Senatsmitglieder stimmen – wenig überraschend – gegen Pita. Er werde nicht aufgeben, gibt sich Pita gegenüber den Medien nach der ersten Wahlrunde noch kämpferisch.
Von einem zweiten Wahlgang wird Pita daraufhin ausgeschlossen. Schliesslich geht die Oppositionspartei Pheu Thai – die bei den Wahlen Pitas Partei noch unterlag – eine Koalition ein, in der auch Junta-nahe Parteien dabei sind. Premier wird der bekannte Immobilienunternehmer Srettha Thavisin.
Unsere Tränen müssen wir in Energie umwandeln, die brauchen wir für die nächste Wahl.
Dass fast zeitgleich der frühere und aus dem Amt geputschte Premierminister Thaksin Shinawatra aus dem Exil zurückkehrt, deutet auf eine Abmachung zwischen der bisherigen Oppositionspartei Pheu Thai und dem Establishment hin. Die Verlierer sind Pita, seine Partei und die Demokratie.
In einem Interview mit dem thailändischen Dienst von VOA gibt sich Pita abgeklärt: «Ich habe in den vergangenen 20 Jahren in Thailands Politik schon so viel gesehen. Parteien, die aufgelöst wurden, Politiker, deren Macht beschränkt wurde. Ich habe die Grausamkeit der Politik gesehen.»
Man könnte den eigentlichen Wahlsieger und Hoffnungsträger leicht als tragischen Helden sehen. Doch: Pita Limjaroenrat tritt weiterhin in der Öffentlichkeit auf, er amtet als Berater seiner Partei und wirkt nicht wie jemand, der so schnell aufgibt. Er sagt: «Ich nehme das nicht persönlich, und ich sollte auch nicht traurig sein. Unsere Tränen müssen wir in Energie umwandeln, die brauchen wir für die nächste Wahl.»