In Brasilien hat die Zahl der Waldbrände drastisch zugenommen. Seit Anfang Jahr sind nach offiziellen Zahlen fast 73'000 Waldbrände gezählt worden. Das sind über 300 pro Tag und schon doppelt so viele wie im gesamten letzten Jahr.
Diese Zahlen hat das staatliche brasilianische Weltraumforschungsinstitut bekanntgegeben. Es stützt sich dabei auf Satellitenbilder. Dasselbe Institut hatte erst vor wenigen Wochen Zahlen vorgelegt, wonach sich die Abholzung des Regenwaldes rasant beschleunigt hat. Über den Zusammenhang zwischen den Waldbränden und der Abholzung spricht Ulrich Achermann, SRF-Südamerika Korrespondent.
SRF News: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Abholzung und den Waldbränden im Amazonas?
Ulrich Achermann: Den gibt es auf jeden Fall. Feuer wird eingesetzt, um Urwald zu vernichten und Flächen urbar zu machen, sei es für Sojaplantagen oder für Viehweiden. Es ist kein Zufall, dass die Feuer genau dort am stärksten wüten, wo schon am meisten abgeholzt wurde und wird: im brasilianischen Bundesstaat Pará.
Man beobachtet, dass es für die Regierung immer schwieriger wird, sich zu rechtfertigen.
Die Regierung des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro fördert diese Entwicklung insofern, als sie illegale Brandrodungen strafrechtlich nicht mehr verfolgt.
Als das Forschungsinstitut vor einigen Wochen Zahlen zur Abholzung vorgelegt hat, bezeichnete Präsident Bolsonaro diese als Lügen und entliess den Direktor des Institutes kurzerhand. Nun liegen die Zahlen zu den Waldbränden vor.
Die Behörde hat einen neuen Chef. Es ist ein Offizier, der in Sachen Klimawandel auf der Linie des Präsidenten liegt. Aber so einfach lassen sich die Erhebungen nicht aus der Welt schaffen, zumal sie auf Satellitenbildern beruhen. Diese zeigen eine hohe Zahl von Feuern. Brasilien will die Erhebung dieser Daten nun an Private auslagern und so die Behörde übergehen. Vor allem will die Regierung die Interpretation der Daten einer Privatfirma überlassen. Diese könnte man von offizieller Seite her fast beliebig unter Druck setzen. Das Ausschreibungsverfahren dafür läuft.
Deutschland und Norwegen haben Projekte zum Waldschutz in Brasilien vorerst gestoppt. Kommt Bolsonaro unter Druck?
Man beobachtet, dass es für die Regierung immer schwieriger wird, sich zu rechtfertigen. Bolsonaro versucht es mit faulen Sprüchen und vor allem mit haltlosen Anschuldigungen. Er behauptet unter anderem, umweltengagierte Nichtregierungsorganisationen steckten hinter den Bränden und zwar aus Vergeltung für seine wirtschaftsfreundliche Amazonaspolitik. Für all diese Behauptungen gibt es nicht einen Hauch von Beweisen oder Indizien.
Blicken wir noch nach Paraguay und Bolivien. Auch dort brennt es. Wie schlimm ist die Lage dort?
Es ist ziemlich schlimm. Im Wesentlichen dürften dieselben Interessen hinter den Bränden stecken wie in Brasilien, nämlich die Landwirtschaft und der Bergbau, soweit es sich um absichtlich gelegte Feuer handelt.
In ganz Südamerika gibt es eine ausgeprägte Dürre und die ausbleibenden Niederschläge haben die Böden einfach grossflächig ausgetrocknet, auch im Amazonasbecken. Da können simple Blitzeinschläge verheerend wirken.
Vereinzelt ist auch die Natur für Brände verantwortlich. In ganz Südamerika gibt es eine ausgeprägte Dürre und die ausbleibenden Niederschläge haben die Böden grossflächig ausgetrocknet, auch im Amazonasbecken. Da können simple Blitzeinschläge verheerend wirken.
Wie kommt in der brasilianischen Bevölkerung die Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten und den Umweltorganisationen an?
Es hat am Mittwoch heftige Proteste gegeben. Unter anderem wurde der Umweltminister auf einer Veranstaltung in Salvador da Bahia ausgepfiffen und am Reden gehindert. Er ist dann verschwunden ohne etwas zu sagen.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.