3600 Kilometer Abstand waren es zwischen der Erde und dem Asteroiden. Das ist etwa zehnmal näher, als die meisten Fernsehsatelliten es sind, die um die Erde kreisen. Karl Urban ist Wissenschaftsjournalist und spezialisiert auf das Thema Weltall. Er schätzt ein, wie gefährlich diese Situation war.
SRF News: 3600 Kilometer Abstand, das klingt nach viel, ist aber für den Weltraum eher nah. War das gefährlich?
Nein. Würde ein Asteroid in der Grösse eines Kleinbusses auf die Erde zusteuern, würde er wahrscheinlich in der Atmosphäre verglühen. Vielleicht würden einzelne Brocken den Boden erreichen. Aber dass diese dann ein Haus oder einen Menschen treffen, ist unwahrscheinlich. Die Chance ist höher, dass das Objekt dann ins Meer fallen würde.
Ist es selten, dass ein Asteroid so nah an die Erde herankommt?
Objekte dieser Grösse, also zwischen vier und acht Metern, kommen wahrscheinlich einmal im Jahr so nahe, dass sie dann auch in die Atmosphäre eintreten. Beobachtungsprogramme der Raumfahrtagenturen können solche Objekte vor dem Eintritt erkennen. Der besagte Asteroid ist der Erde schon sehr nahegekommen. Absolut gesehen ist das aber nichts Besonderes.
Dieser Asteroid wurde aber trotz der Beobachtungsprogramme erst vor ein paar Tagen entdeckt. Warum ist er nicht weit vorher aufgefallen?
Auch diese guten Nasa-Teleskope haben Probleme, etwa, wenn Vollmond ist oder es Wolken hat. Zudem stehen die Teleskope auch nur in einer Hemisphäre, sehen also nicht den ganzen Himmel, der die Erde umgibt.
Von den ‹Zivilisationskillern› kennt man mittlerweile weit über 90 Prozent.
Ausserdem nimmt die Zahl der Satelliten zu, die man auch erst mal fälschlich für einen Asteroiden halten kann. Es gibt also viele Störfaktoren und immer blinde Flecken bei Teleskopen.
Ein Hobby-Astronom hat den Asteroiden vor ein paar Tagen entdeckt. Wie aussergewöhnlich ist das?
In diesem Fall war es ein Astronom auf der Krim-Halbinsel, der viel Erfahrung hat. Er hat schon einige recht bekannte Asteroiden entdeckt, kurz bevor sie an der Erde vorbeigeflogen. Es ist ein Feld, in dem sich Profis wie Amateure tummeln.
Könnte uns aufgrund der blinden Flecken bei Teleskopen auch ein grosser Asteroid entgehen?
Astronomen haben in den letzten Jahren versucht, diese grossen Objekte, die auch «Zivilisationskiller» genannt werden, zu finden. Von denen kennt man mittlerweile weit über 90 Prozent. Das heisst nicht, dass es nicht noch Überraschungen geben könnte. Aber wir kennen heute keinen, der der Erde in den nächsten 100 Jahren gefährlich nahe kommen könnte.
Die kleinen Objekte sind wenig problematisch, die ganz Grossen sehen wir meistens. Ein Problem darstellen könnten die mittleren. Was können wir tun, wenn wir einen solchen mittleren Asteroiden auf uns zukommen sehen?
Wenn man jetzt ein grösseres, gefährlicheres Objekt ein paar Tage vor dem Eintreffen in der Atmosphäre entdeckt, könnte man höchstens noch berechnen, wo der Asteroid einschlägt und dort die Bevölkerung warnen.
Wenn man längere Vorlaufzeit hätte, also im Bereich von Monaten oder am besten Jahren und Jahrzehnten, dann könnte man auch Raumsonden dorthin schicken, um die Bahn des Asteroiden abzulenken. Die NASA hat im letzten Jahr solche Tests gemacht, die sehr positiv waren.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.