Am Montag meldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 9809 Coronavirus-Ansteckungen in den letzten drei Tagen. Der 7-Tages-Durchschnitt der bestätigten Infektionen liegt neu bei 3'891. Am Freitag lag dieser Schnitt noch bei 3'744, vor einer Woche bei 3'817.
Vor genau einer Woche wurden dem BAG 8781 neue Ansteckungen gemeldet, eine Woche davor 9750. Sieht so eine Abflachung der Kurve aus? Nein, findet auch Bundesrat Alain Berset und appellierte am Freitag an der Medienkonferenz an die Kantone. «Es braucht in gewissen Kantonen mehr Massnahmen», erklärte der Gesundheitsminister im Interview gegenüber SRF und meinte dabei vor allem die Deutschschweizer Kantone.
Manche Kantone reagieren bereits
Die Kantone Graubünden, Schaffhausen und Thurgau haben sich Bersets Appell bereits zu Herzen genommen und ihre Massnahmen verschärft: Im Kanton Graubünden werden alle Restaurants geschlossen, der Kanton Schaffhausen schliesst ab heute Montag unter anderem Museen und Fitnessanlagen, im Kanton Thurgau wird unter anderem die Sperrstunde für Restaurations-, Bar- und Clubbetriebe ausgeweitet.
Der Kanton Aargau hingegen hat die Warnung ignoriert. Er verzichtet auf weitere Massnahmen und hält am bestehenden Schutzkonzept fest. Der Kanton prüfe zur Epidemiebekämpfung «in permanenter Absprache mit anderen Kantonen und dem Bundesrat weitere Massnahmen», teilte das Gesundheitsdepartement in Aarau mit.
Kurve zeigt nach oben
Die Aufforderung von Berset an die Kantone, vor allem an die Deutschschweizer Kantone, neue Massnahmen zu ergreifen, kommt nicht von ungefähr, wenn man sich die Fallzahlen-Entwicklung in den einzelnen Kantonen etwas genauer anschaut. Nach dem Tessin sind die Zahlen in St. Gallen aktuell am höchsten. 64 Fälle pro 100'000 Einwohner, ein Plus von 13 Prozent gegenüber der Vorwoche.
Auch die Entwicklungen in den Kantonen Zürich mit +11 Prozent, Thurgau mit +14, Basel-Landschaft mit +5 oder Aargau mit +3 geben keinen Grund zur Hoffnung für eine gesamtschweizerische Senkung der Fallzahlen. Auch in den kleinen Kantonen zeigt die Kurve relativ gesehen steil nach oben. In Nidwalden sind es +54 Prozent neue Fälle, in Uri bspw. +18.
Obwalden, Appenzell-Ausserrhoden sowie Basel-Stadt sind die einzigen Deutschschweizer Kantone, in welchen die Fallzahlen aktuell etwas zurückgegangen sind.
Zahlen in der Westschweiz sinken
Zu Beginn der zweiten Welle in der Schweiz gab es grosse Kritik an der Westschweiz. Kantone wie Genf oder Waadt waren hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Fallzahlen emporschossen. Die Westschweiz reagierte, und verhängte drastische Massnahmen und Einschränkungen.
Diese Massnahmen haben ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt: Schaut man sich die Entwicklung der letzten sieben Tage an, geht die Kurve steil nach unten. In manchen Kantonen wie Jura zum Beispiel sind die Zahlen innerhalb einer Woche fast um 50 Prozent zurückgegangen. Bemerkenswert ist auch die Entwicklung im Kanton Genf. Der Rückgang der Fallzahlen um 26 Prozent wirkt sich sehr stark auf die gesamtschweizerische Entwicklung aus, weil der Kanton Genf über eine halbe Million Einwohner hat.
Was nun?
Verschiedene Kantone wie Zürich haben bereits angekündigt, sich im Verlauf der Woche bezüglich neuen Massnahmen äussern zu wollen. Ob eventuell sogar vonseiten des Bundesrats am Freitag strengere Massnahmen verordnet werden, scheint angesichts der angespannten Corona-Situation nicht mehr unmöglich.