Im Kanton Genf sollen künftige Primarlehrerinnen und Primarlehrer nach der Matura nicht mehr vier Jahre an der Universität studieren müssen. Die Kantonsregierung und die Mehrheit des Grossen Rates will die Ausbildungszeit auf drei Jahre verkürzen und an diejenige in den anderen Schweizer Kantonen anpassen.
In den meisten Kantonen der Schweiz erfolgt die Ausbildung zur Lehrerin oder zum Lehrer der Primarstufe in der Regel an Pädagogischen Hochschulen. Das Studium dauert drei Jahre und wird mit einem Lehrerdiplom und einem Bachelor abgeschlossen.
Längere Ausbildung als in anderen Kantonen
Von diesem Ausbildungsmodell weicht einzig der Kanton Genf ab, wo die Universität ein vierjähriges Studium für künftige Primarlehrerinnen und -lehrer anbietet. Dieses ist allerdings zunehmend unbeliebt. Die Gründe liegen nicht nur bei der längeren Ausbildungszeit, sondern der Kanton beschränkt auch die Ausbildungsplätze ab dem zweiten Studienjahr auf 100.
Jedes Jahr absolvieren deshalb rund 70 Genfer Studierende ihre Ausbildung in einem anderen Kanton, bevor sie nach Genf zum Unterrichten zurückkehren.
Das Ziel der von der rechten Mehrheit im Grossen Rat verabschiedete Änderung des Bildungsgesetzes ist es, mehr Studierende in Genf auszubilden und ihnen einen schnelleren Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Lehrergewerkschaften sind gegen kürzere Ausbildung
Die Genferinnen und Genfer entscheiden nun am 22. September, ob sie das kantonale «Sonderzügli» abschaffen wollen. Die Linke und die Lehrergewerkschaften haben das Referendum gegen die Vorlage ergriffen.
Nach ihrer Überzeugung bietet die derzeitige universitäre Ausbildung ein hohes Mass an Fachwissen, das der Komplexität des Berufes und den Bedürfnissen in einem städtischen Kanton gerecht wird. Ihrer Ansicht nach reichen drei Jahre nicht aus, um Generalisten auszubilden, die in der Lage sind, bis zu 14 Fächer in den Primarschulstufen (1. bis 6. Klasse) zu unterrichten.
Die Gegnerinnen und Gegner kritisieren auch, dass der zu 80 Prozent von Frauen ausgeübte Lehrerberuf durch eine weniger umfassende Grundausbildung die Mobilitätsmöglichkeiten einschränken und zu niedrigeren Löhnen führen könnte. Diese Kritik wird vom Mouvement Citoyens Genevois (MCG) und von der Mitte geteilt, die ebenfalls dazu aufrufen, die Reform abzulehnen.
Steuersenkung für Unternehmer
Die Genfer Stimmberechtigten entscheiden in einer zweiten Referendumsabstimmung über eine Steuersenkung für Unternehmerinnen und Unternehmer, die mindestens 10 Prozent ihres Unternehmens besitzen und im Kanton arbeiten und wohnen.
Diese Änderung des Gesetzes über die Besteuerung natürlicher Personen zielt darauf ab, die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Davon profitieren würden etwa 4300 Unternehmer. Bekämpft wird die Vorlage vom Linksbündnis Ensemble à Gauche, mit Unterstützung der interprofessionellen Gewerkschaft für Arbeitnehmer. Die Gegner beklagen Steuerausfälle in Höhe von rund 30 Millionen Franken.