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Abstimmung am 22. September Biodiversität: Es kündigt sich ein harter Abstimmungskampf an

Wie schon bei der Trinkwasser-Initiative könnte es zu einem heftigen Schlagabtausch kommen.

Die gelb-grün-blauen Fahnen an den Balkonen der Befürworterinnen und Befürworter der Biodiversitätsinitiative erhalten Konkurrenz: Die Gegner des Volksbegehrens haben ihre Fahne heute vorgestellt. «Nein! Zur extremen Biodiversitätsinitiative» steht dort weiss auf rotem Grund geschrieben.

Breite Allianz gegen die Initiative

Unter den Gegnern ist Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter. Ihm gehen die Forderungen zu weit. Denn die Initiative will nicht nur mehr Fläche für die Artenvielfalt ausscheiden, sondern auch die verschiedenen Landschaften und Ortsbilder schonen – auch ausserhalb von Schutzgebieten.

«Die Initiative geht weit über die Biodiversität hinaus», sagt Ritter denn auch. Entsprechend breit sei das Komitee gegen das Begehren aufgestellt.

Und so spannen Landwirtschaft und Wirtschaft gegen die Initiative zusammen. Sie befürchten, diese würde eine nachhaltige Lebensmittel- und Energieproduktion massiv einschränken. Ausserdem würden die Bäuerinnen und Bauern bereits viel für die Artenvielfalt machen, wird argumentiert.

Die Argumente von Befürwortern und Gegnern

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Verschiedene bunte Blumen auf einer Wiese.
Legende: Imago

Das sagen die Initianten:
Der Mensch brauche die Biodiversität, um zu überleben. Deshalb müsse eine intakte und vielfältige Natur erhalten bleiben. Bereits seien in der Schweiz ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten ausgestorben oder gefährdet, die Hälfte aller Lebensräume seien bedroht. Die überbordende Überbauung, Zersiedelung und intensive Landnutzung müsse gestoppt werden. Zudem schütze eine intakte Artenvielfalt vor Klimawandel und Umweltkatastrophen.

Das sagen die Gegner:
Mit der Initiative würden 30 Prozent der Fläche der Schweiz praktisch unantastbar. Das schränke die Lebensmittelproduktion, also die Landwirtschaft, zu stark ein. Doch auch die einheimische, nachhaltige Energieproduktion werde behindert. Ebenso wie die Wald- und Holzwirtschaft. Ausserdem würden durch die Initiative die Berggebiete und der Tourismus eingeschränkt.

Vorwürfe an Wirtschafts- und Bauernverbände

Das aber reicht Raffael Ayé nicht. Der Geschäftsleiter von Birdlife gehört mit seiner Organisation zu den Initiantinnen der Biodiversitätsinitiative. Die geballte Ladung an Gegnerinnen fürchtet er nicht.

Es gibt eine Diskrepanz zwischen vielen Bauernbetrieben und den Verbänden.
Autor: Raffael Ayé Geschäftsleiter der Umweltorganisation Birdlife

Sorgen macht ihm hingegen, dass das Problem unterschätzt werde. «Es gibt eine Diskrepanz zwischen vielen Bauernbetrieben, die sagen, sie wollten mehr tun für die Biodiversität, und den Verbänden, die das Problem noch nicht erkannt haben.»

Wir erwarten, dass die Gegenseite bei den Fakten bleibt.
Autor: Markus Ritter Mitte-Nationalrat, Präsident des Schweizerischen Bauernverbands

Diese zwei Seiten und zwei Ansichten, speziell auch in bäuerlichen Kreisen, könnten in den kommenden drei Monaten zu einem heftigeren Abstimmungskampf führen. 2021 als über die beiden Agrarvorlagen Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative abgestimmt wurde, kam es im Abstimmungskampf zu Beschimpfungen, Drohungen und Sachbeschädigungen

Appell für fairen Abstimmungskampf

Diesmal haben die Initiantinnen und Initianten einen Appell lanciert, der zu einem fairen, sachgerechten Abstimmungskampf aufruft. Das unterstützen auch die Gegner. Doch Markus Ritter betont: «Wir erwarten aber auch, dass die Gegenseite bei den Fakten bleibt und uns nicht einen Verstoss gegen Treu und Glauben vorwirft. Denn das trifft uns Bauern hart.»

Ritter spielt damit auf die Ereignisse dieser Woche an: Der Ständerat hat eine Vorlage für mehr Biodiversität auf Ackerflächen definitiv versenkt. Umweltschützer warfen den Politikern Wortbruch vor. Die Vorlage sei eine Art indirekter Gegenvorschlag bei den Agrarinitiativen von 2021 gewesen.

Das alles deutet darauf hin, dass sich die beiden Lager im Abstimmungskampf um die Biodiversitätsinitiative nichts schenken werden. Am 22. September entscheidet das Volk über die Vorlage.

Echo der Zeit, 13.6.2024, 18:00 Uhr;kesm

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