Das Ja-Lager der BVG-Reform dürfte sich angesichts der Resultate der Umfrage von GFS Bern besonders ärgern über die falschen Berechnungen zur finanziellen Zukunft der AHV. Zwar gibt es sachlich keinen Grund, wegen der Rechenfehler bei der AHV auch der BVG-Reform mit Misstrauen zu begegnen. Aber die Umfrage zeigt: Wer der Regierung misstraut, tendiert bei dieser Vorlage zu einem Nein, wer ihr vertraut, zu einem Ja.
Die falschen AHV-Zahlen haben ein generelles Misstrauen geschürt. Dieses Ereignis dürfte auch ein wichtiger Grund sein, warum die Umfrage im Auftrag der SRG und jene im Auftrag des Tamedia-Konzerns bei der BVG-Reform zu unterschiedlichen Resultaten kommen – während sie bei der Biodiversitäts-Initiative zu den gleichen Schlüssen kommen: Die Tamedia-Umfrage sieht ein deutliches Nein zur Pensionskassen-Reform, während die GFS-Umfrage ein offenes Rennen zeigt mit einem Vorsprung fürs Ja-Lager.
Wie lange wirkt die «AHV-Bombe» nach?
Die GFS-Umfrage begann schon am 29. Juli, noch deutlich vor dem Bekanntwerden der AHV-Fehler, und wurde danach fortgesetzt. Die Befragenden stellten fest, dass der Nein-Anteil im Laufe der Umfragezeit grösser wurde. Die Tamedia-Umfrage hingegen wurde in den zwei Tagen nach dem Platzen der «AHV-Bombe» gemacht.
Die Frage wird nun sein, wie lange der Ärger und das Misstrauen aufgrund der AHV-Panne anhalten und die BVG-Reform negativ beeinflussen. Fürs Ja-Lager wird es aber auch sonst schwierig: Denn zum gewachsenen Misstrauen kommt auch noch die Komplexität der Vorlage. In der Vergangenheit zeigte sich, dass Komplexität und Misstrauen Menschen eher dazu bewegen, Änderungen abzulehnen.
Skepsis im linken und rechten Lager
Dass so viele Menschen, die abstimmen wollen, noch unsicher sind, wie sie stimmen sollen, ist aber auch eine Chance für beide Lager. Das Ja-Lager dürfte vor allem noch auf SVP-Sympathisantinnen und Sympathisanten hoffen. Denn bei der grössten Partei ist die Unterstützung für die Reform zurzeit noch ausbaufähig: Einmal mehr gelingt es der SVP beim Thema Altersvorsorge weniger gut als bei anderen Themen, ihre Anhängerschaft mit grossen Mehrheiten hinter sich zu scharen.
Gerade Menschen mit kleinen Einkommen fragen sich, ob ihre höheren Einzahlungen später auch wirklich zu höheren Renten führen. Im Parlament war die SVP für die BVG-Reform, am Samstag fassen die Delegierten die Parole.
Umgekehrte Vorzeichen bei der Linken: Bei der SP ist das Nein-Lager noch nicht so gross wie zu erwarten wäre – bei einer Partei, die das Referendum ergriffen hat. Und die grüne Parteispitze muss ihre Anhängerschaft erst noch von einem Nein überzeugen. Hier dürfte eine Rolle spielen, dass ihr Aushängeschild, Ständerätin Maya Graf, als Co-Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F zuvorderst für ein Ja weibelt, um künftig auch kleine Einkommen – häufig von Frauen – in der Pensionskasse zu versichern. Auch die Grünen fassen ihre Parole am Samstag.
Ob die Delegierten von Grünen und SVP ihrer Führung vertrauen, zeigt sich also schon bald. Ob die Stimmberechtigten der Reform trauen, am 22. September.