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Abstimmungen vom 24. November Wieso Mietrechtsvorlagen einen schweren Stand haben

Die Schweiz – ein Land der Mieter. Dennoch haben es Vorlagen, die ihnen «vermeintlich» zugutekommen, an der Urne schwer.

Mietrecht – das klingt nach Streit, nach zwei Gruppen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen: Mieterverband versus Hauseigentümerverband. Das ist auch bei den beiden Mietrechtsvorlagen zur Untermiete und zum Eigenbedarf so, worüber die Schweizer Stimmbevölkerung am 24. November abstimmt. Aber stimmt dieses Bild wirklich von zwei sich ständig im Zwist befindenden Parteien? Und wem gehören eigentlich die Wohnungen in der Schweiz?

Kein anderes Land hat eine tiefere Wohneigentumsquote als die Schweiz.
Autor: Daniel Steffen Professor für Immobilienökonomie

Zahlenmässig ist der Fall klar, da sind Mieterinnen und Mieter überlegen. Rund 60 Prozent der Menschen in der Schweiz leben zur Miete, nur gut ein Drittel besitzt Wohneigentum. Dieses Verhältnis sei aussergewöhnlich, sagt Daniel Steffen, Professor für Immobilienökonomie an der Hochschule Luzern. «Wenn man das international anschaut, insbesondere mit Blick auf Europa, dann hat kein anderes Land eine tiefere Wohneigentumsquote als die Schweiz.»

Die Schweiz, ein Land der Mieterinnen und Mieter. Und das gelte vor allem für die Städte, sagt Marc Spörri vom Bundesamt für Statistik. In Zürich, Genf oder Basel lebten jeweils rund 90 Prozent der Menschen in Mietwohnungen. Oder anders formuliert: «Man kann also sagen, dass in unseren grössten Städten nur zirka einer von zehn Haushalten in seiner eigenen Wohnung wohnt», sagt Spörri.

Wem gehören die Mietwohnungen?

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Basler Vorstadt.
Legende: Spalenvorstadt in Basel. KEYSTONE/Christian Beutler/Archiv

Noch knapp die Hälfte der vermieteten Wohnungen gehört Privatpersonen, die andere Hälfte gehört institutionellen Anlegern, also Banken, Versicherungen oder Pensionskassen. Das Verhältnis verschiebt sich aber immer stärker zugunsten der institutionellen Anleger. Auslöser waren die tiefen Zinsen der letzten Jahre, die es für viele Pensionskassen oder Versicherungen attraktiv gemacht haben, in den Immobilienmarkt einzusteigen.

Dass es in der Schweiz so viele Mieterinnen und Mieter gebe, habe verschiedene Gründe, so Immobilienökonom Steffen. Einerseits sei es in den letzten Jahren schwieriger geworden, Wohneigentum zu erwerben, weil dieses teurer geworden sei. Ein anderer Grund sei aber auch, dass viele Mieterinnen und Mieter mit ihrer Wohnsituation in den letzten Jahren schlicht zufrieden gewesen seien. «Die Qualität von Wohnungen, die zur Miete angeboten werden, ist in der Schweiz sehr hoch. Wenn man als Mieter mal in einer Wohnung ist, ist man ziemlich gut geschützt», so Steffen. Deshalb sähen viele Leute keinen Anlass, nicht mehr zu mieten.

Und die Gruppe der Mieterinnen und Mieter sei auch nicht so homogen, wie man vielleicht glauben könnte. Es gebe sehr unterschiedliche Interessen. Es gebe beispielsweise jene Mieterinnen, die jahrzehntelang in der gleichen Wohnung bleiben. Andere hingegen seien sehr mobil und interessiert an einem lebendigen Wohnungsmarkt.

«Wohnungssuchende bezahlen den Preis des Mieterschutzes»

Entsprechend würden diese Gruppen neue Gesetze teilweise unterschiedlich bewerten, beispielsweise auch, wenn es um einen starken Mieterschutz gehe. «Bestandesmieter oder Altmieter profitieren sehr stark davon, während gerade junge Familien, Personen aus dem Ausland, Personen, die sich verändern wollen – kurz gesagt Personen, die eine neue Wohnung suchen – oft den Preis von diesem Mieterschutz bezahlen.»

Zwar sind Mieterinnen und Mieter in der Mehrheit, sie seien sich aber längst nicht immer einig, sagt Daniel Steffen. «Das ist ein Grund, warum es eben auch Vorlagen, die vermeintlich Mietern zugutekommen, in der Vergangenheit national an der Urne nicht immer einfach hatten.»

So könnte es auch bei den aktuellen Mietrechtsvorlagen sein, die aus Sicht des Mieterinnen- und Mieterverbandes eine Verschlechterung des Mieterschutzes darstellen. Die bisherigen Umfragen deuten aber an, dass beide Vorlagen beim Stimmvolk eine Chance haben könnten.

Rendez-vous, 7.11.2024, 12:30 Uhr;stal

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