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Starker Rückgang der lokalen religiösen Gruppen in der Schweiz
Aus SRF 4 News aktuell vom 27.11.2024. Bild: Keystone/Peter Klaunzer
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Anhaltende Säkularisierung Die Religionen sind in der Schweiz auf Rückzug

Die Zahl der religiösen Gruppen in der Schweiz sinkt – und das nicht nur bei christlichen Gemeinschaften.

Die Religionen sind in der Schweiz immer weniger wichtig: Sie verlieren Mitglieder – und zwar nicht nur bei den Reformierten oder den Katholiken, sondern auch bei kleineren Glaubensgemeinschaften.

Das zeigt eine neue Studie, die die Zahlen von 2008 und 2022 vergleicht. Demnach hat die Zahl der religiösen Gruppen in der Schweiz in diesem Zeitraum um sieben Prozent abgenommen.

Generell überrascht die Erkenntnis nicht. Die zunehmende Säkularisierung der Schweiz ist zumindest bei den anerkannten christlichen Gemeinschaften augenscheinlich: Dass die Kirchen am Sonntag schon voller waren, erkennt auch der Laie.

Katholische und reformierte Kirchen besonders betroffen

Bislang beschäftigten sich Studien allerdings vornehmlich damit, wie es um die Religiosität einzelner Menschen steht. Die Studie zeige nun aber, dass auch die Zahl religiöser Gruppen stark zurückgegangen sei, sagt Jörg Stolz.

Der Religionssoziologe an der Universität Lausanne hat an der Studie mitgearbeitet. Konkret kommt diese zum Schluss, dass die Zahl der religiösen Gruppen in der Schweiz im untersuchten Zeitraum von etwa 6300 auf rund 5880 geschrumpft ist.

Frau sitzt allein auf Bank in Kirche.
Legende: Die Gesamtzahl religiöser Gruppen und die Gesamtzahl der regelmässig an religiösen Ritualen Teilnehmenden ist laut der Studie zurückgegangen. Keystone/Gian Ehrenzeller

Insbesondere reformierte und katholische Kirche haben viele lokale Gruppen verloren. Der Rückgang betrifft aber auch andere Religionsgemeinschaften. Auch bei Hindus oder Muslimen nahm die Zahl der lokalen Gruppen ab.

Zahl evangelikaler Gruppen stabil

Die evangelikal-charismatischen Gemeinschaften oder auch Pfingstbewegungen dagegen sind weltweit auf dem Vormarsch. Auch in der Schweiz sind laut der Studie seit 2008 über 200 neue Gruppen dieser Art entstanden. Die Zahl der lokalen Gemeinschaften und der regelmässigen Teilnehmenden von 2008 bis 2022 ist aber stabil geblieben, da ebenso viele Gruppen wieder verschwunden sind.

«Generell lässt sich feststellen, dass religiöse Gruppen eher verschwinden, je kleiner und jünger sie sind», erklärt Stolz. So könne eine religiöse Gruppe bereits auseinanderbrechen, wenn zwei Familien die Gemeinde verlassen.

Weniger Moscheen, mehr praktizierende Muslime

Wenn es weniger lokale Gruppen einer Religionsgemeinschaft gibt, heisst das aber nicht zwingend, dass es weniger praktizierende Gläubige gibt. So ist zwar auch in der muslimischen Gemeinschaft der Schweiz die Zahl der Moscheen leicht zurückgegangen. «Die Muslime sind aber eine Ausnahme. Denn bei ihnen verzeichnen wir eine Zunahme der regelmässig Teilnehmenden», sagt Stolz. 

Viele Menschen interessieren sich für Religionen und es lässt sich schwer voraussagen, was in der Zukunft passieren wird.
Autor: Jörg Stolz Religionssoziologe an der Universität Lausanne

Insgesamt ging der Anteil der Bevölkerung, der regelmässig an Gottesdiensten oder Zeremonien teilnimmt, zurück. Er sank in der Schweiz im Untersuchungszeitraum von 11.6 auf 9.5 Prozent.

Die Hälfte der regelmässig Teilnehmenden ist heute über 60 Jahre alt. «Das ist ein Indiz für eine Säkularisierung», erläutert der Religionssoziologe. Denn es fehle an nachfolgenden Generationen, die zu den Gemeinschaften stossen.

Blick in die Berner Synagoge.
Legende: Gemäss der Studie ist auch bei den geistlichen Leitern das Durchschnittsalter gestiegen. Diese Tendenz zeige sich nicht nur bei den anerkannten christlichen Kirchen, sondern auch bei den evangelikalen Gemeinschaften sowie bei Muslimen, Juden, Buddhisten und Hindus in der Schweiz. Keystone/Anthony Anex

Dass Religionen bei uns dereinst gar keine Rolle mehr spielen, glaubt Stolz aber nicht. «Viele Menschen interessieren sich für Religionen und es lässt sich schwer voraussagen, was in der Zukunft passieren wird.» Der Aufstieg der Pfingstbewegungen im 20. Jahrhundert habe etwa gezeigt, dass es gegenläufige Tendenzen zur Säkularisierung geben könne.

SRF 4 News, 27.11.2024, 6:20 Uhr ; 

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