3.6 Prozent der Coronafälle im Land sind bisher laut offiziellen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit auf die neue Variante Omikron zurückzuführen. Doch dieser geringe Anteil dürfte im Vergleich zur vorherrschenden Delta-Variante gemäss Christian Althaus sehr viel rascher ansteigen als bisher vermutet.
«Man muss davon ausgehen, dass Omikron in zwei, drei, vier Wochen die dominante Variante in der Schweiz sein und das Infektionsgeschehen zusätzlich anheizen wird», sagte der Epidemiologe der Universität Bern am Donnerstagabend bei «Gredig direkt». Daten aus Grossbritannien und Dänemark legten dies nahe. In Grossbritannien haben sich die Omikron-Fälle von letztem Freitag bis Sonntag annähernd verdoppelt.
Man muss davon ausgehen, dass Omikron in zwei, drei, vier Wochen die dominante Variante in der Schweiz sein und das Infektionsgeschehen zusätzlich anheizen wird.
Weiterhin grössere Unklarheit gibt es jedoch in der Frage, ob Omikron allenfalls mildere Krankheitsverläufe auslöst. «Es ist noch zu früh, dies zu sagen. Aber im Prinzip kann man davon ausgehen, dass Geimpfte nach wie vor einen gewissen Schutz haben vor einer schweren Erkrankung.»
Intensivmediziner scheut sich vor Prognose
Peter Steiger, stellvertretender Institutsdirektor und leitender Arzt für Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich, hält eine Voraussage des weiteren Verlaufs der Pandemie in der Schweiz – auch ohne die zu erwartenden Effekte von Omikron – für schwierig. «Ich traue mich nicht mehr, eine Prognose zu machen, wie viele Leute auf die Intensivstation kommen. Es gibt Tage, an denen wir wirklich am Anschlag sind. Am Donnerstagmorgen hatten wir im Unispital wieder über 97 Prozent Auslastung.»
Weil auch die Normalstationen mit Covid-Patienten überfüllt seien, erschwere dies Rückverlegungen von stabilen Intensivpatienten gleichermassen wie die Aufnahme weiterer Krankheitsfälle.
Ungeimpfte sollen Schutzmassnahmen beherzigen
85 Prozent der Covid-Patienten auf der Intensivstation am Unispital Zürich sind ungeimpft, die Geimpften hätten fast ausnahmslos eine Vorerkrankung, so Steiger. «Es gibt bei mir schon ein gewisses Unverständnis. Man weiss, da ist etwas, das akut und gefährlich ist und es gäbe eine Möglichkeit, sich davor zu schützen. Und trotzdem macht man es nicht.»
Wir sehen es bei uns im Spital, wo wir nahe an positiven Patienten sind. Wir haben sehr wenige Ansteckungen im Spital, weil wir die Massnahmen sauber einhalten und umsetzen.
Der Appell des Mediziners richtet sich deshalb auch an die Eigenverantwortung der Leute, die gängigen, einfachen Massnahmen strikt einzuhalten – insbesondere auch Ungeimpfte. «Wir sehen es bei uns im Spital, wo wir nahe an positiven Patienten sind. Wir haben sehr wenige Ansteckungen im Spital, weil wir die Massnahmen sauber einhalten und umsetzen.»
Lüscher: «Ein einziger, langer Albtraum»
Schriftsteller Jonas Lüscher, der während der ersten Corona-Welle schwer erkrankte und sieben Wochen in einem künstlichen Koma lag, beschreibt seine Erfahrungen als psychisch sehr einschneidend.
Man sagt, pro Tag auf der Intensivstation brauche es etwa eine Woche Erholung. Das kommt bei mir mit diesen ungefähr 14, 15 Monaten ungefähr hin.
Neben einer langen körperlichen Rehabilitation machte er auf dem Weg zur Besserung auch eine klassische Traumatherapie. «Man stellt sich das Koma falsch vor. Man ist eben nicht ganz weg, sondern in einem einzigen, langen Albtraum. Es gibt sehr verstörende, wahnsinnig realistische Träume. Beim Aufwachen ist für lange Zeit nicht klar, was man tatsächlich erlebt hat und was nicht.»
Mittlerweile fühlt sich Lüscher einigermassen wiederhergestellt. «Man sagt, pro Tag auf der Intensivstation brauche es etwa eine Woche Erholung. Das kommt bei mir mit diesen ungefähr 14, 15 Monaten ungefähr hin.»