In der Grossschreinerei im bernischen Gümligen tönt es nach Courant normal: Es wird gesägt, geschliffen und gehobelt. Doch der Eindruck täuscht, denn die grosse Halle ist fast leer. Nur vereinzelt ragt hinter einer Maschine ein Kopf hervor.
Schreinereichef Mark Röthlisberger erscheint in der Eingangstüre. Er führt das Familienunternehmen mit 65 Mitarbeitern in vierter Generation. Die Firma stellt Designermöbel her, baut Küchen und projektiert komplette Innenausbauten.
Arbeiten in zwei Schichten – zur Sicherheit
Seit Montag lässt Röthlisberger die eine Hälfte der Belegschaft am Morgen arbeiten und die andere Hälfte am Nachmittag. So versuche man sicherzustellen, dass bei einer allfälligen Infektion eines Mitarbeiters zumindest eine Schicht weiterarbeiten könnte. «Wir hoffen, so länger durchhalten zu können», sagt der Chef.
Mit der Massnahme will Röthlisberger auch die Abstandsregel des Bundesamts für Gesundheit (BAG) einhalten. Doch das sei selbst mit den neuen Massnahmen nicht immer einfach, denn man arbeite mit Plänen aus Papier, auf denen Änderungen per Bleistift eingezeichnet würden. «Da steht man sehr schnell sehr nah beieinander.» Deshalb müsse man jeweils rasch in sich gehen und zwei Schritte zurückweichen.
Das hat noch niemand erlebt
Durch die Massnahmen werde die Arbeit etwas komplizierter, sagen die Schichtleiter. Man müsse sich gut absprechen, organisieren und alle arbeitsnotwendigen Informationen akribisch an die andere Schicht weitergeben.
Trotzdem sei die momentane Situation alles andere als Courant normal. «Mit den derzeit geschlossenen Läden wird es sicher ein Verkaufsloch geben», sagt Firmenchef Röthlisberger. Sein Bruder Jan, der für den Verkauf zuständig ist, hat eine ähnliche Situation noch nie erlebt. «Wir sind alle etwas ratlos», sagt er.
Noch ist ihre Situation nicht so prekär, so wie das bei anderen kleinen und mittelgrossen Firmen in der Schweiz der Fall ist, die befürchten müssen Löhne und Fixkosten bald nicht mehr bezahlen zu können. Noch ist Röthlisberger recht gut ausgelastet.
Es wird noch länger schwierig bleiben
Die international tätige Firma verdient ihr Geld vor allem mit Grossaufträgen und Massanfertigungen für grosse Firmen, Hotels oder Museen. Das sind alles Kunden, die auch unter der Krise leiden und in den nächsten Monaten nicht investieren werden. «Während der Krise gibt es keine grossen Sprünge – und auch wenn es mal vorbei ist, wird es schwierig bleiben», ist Chef Röthlisberger überzeugt.
Deshalb glaubt er, dass es auch bei ihnen bloss eine Frage der Zeit ist, bis sie Kurzarbeit beantragen müssen. Denn für ein KMU sei es im Gegensatz zu einem Grossunternehmen viel schwieriger, finanzielle Reserven anzulegen.