Erst seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist die Fünftagewoche das vorherrschende Arbeitsmodell – und doch wird es zunehmend infrage gestellt. Überall in der Schweiz hätten verschiedene Unternehmen in den letzten Monaten eine Viertagewoche ausprobiert, sagt Mirjam Brunner von der Gewerkschaft Unia.
Arbeitszeitreduktion bei gleichem Lohn für Gewerkschaft fair
Versuche habe es dabei nicht nur in Büros, im IT-Bereich oder bei Werbeagenturen gegeben, sondern auch in Spitälern oder Restaurants. «Es gibt die unterschiedlichsten Betriebe, die einen Weg finden, um eine Viertagewoche mit kürzeren Arbeitszeiten einzuführen und die damit erfolgreich sind.»
Die unterschiedlichsten Betriebe haben einen Weg gefunden, um eine Viertagewoche erfolgreich einzuführen.
Nur noch vier Tage bei gleichbleibendem Lohn zu arbeiten klinge nicht nur gut, sondern sei auch fair, findet Brunner. Denn die Produktivität der Wirtschaft sei in den letzten Jahren stärker gestiegen als die Löhne. Zeit also, dass die Angestellten etwas zurückbekämen in Form von mehr Freizeit, so die Gewerkschafterin.
Gleiche Leistung in vier statt fünf Tagen
Schön und gut, wenn einzelne Firmen sich das leisten können, sagt Jonas Lehner vom Arbeitgeberverband. Aber für die meisten Unternehmen sei eine Viertagewoche schlicht nicht umsetzbar. «Schwierig ist es dort, wo es beispielsweise Präsenz- oder auch Ladenöffnungszeiten gibt.»
Die Viertagewoche wird dort schwierig, wo es beispielsweise Präsenz- oder auch Ladenöffnungszeiten gibt.
Aber auch für Betriebe, die keine Präsenzzeit hätten oder die Termine und Meetings koordinieren müssen, würde eine Viertagewoche die Situation erschweren, so Lehner. Arbeitnehmende müssten ausserdem in den neu vier Tagen die gleiche Leistung erbringen wie zuvor in fünf Tagen, sagt Lehner. Vielerorts seien die Prozesse aber heute schon so effizient, dass dies kaum vorstellbar sei.
Flächendeckende Einführung unwahrscheinlich
Eine Viertagewoche könne funktionieren, deren Umsetzung sei aber anspruchsvoll, sagt auch Ursula Häfliger. Sie beschäftigt sich beim Kaufmännischen Verband Schweiz mit der Thematik und nimmt insbesondere die Unternehmen in die Pflicht: «Unternehmen, die das einführen, müssen alle Prozesse anpassen, damit das auch funktioniert.»
Unternehmen, die die Viertagewoche einführen, müssen alle Prozesse anpassen, damit das auch funktioniert.
Eine flächendeckende Einführung der Viertagewoche in der Schweiz erwartet Häfliger nicht. «Ein grosser Faktor in der Schweiz ist, dass wir eine weit verbreitete Teilzeitarbeit haben.» Mit anderen Worten: Viele Schweizer Arbeitnehmende haben mit einer Pensenreduktion für sich quasi bereits eine Drei- oder Viertagewoche eingeführt, haben dabei aber auch auf Lohn verzichtet.