Zum Inhalt springen

Ausschreitungen in St. Gallen Polizei: «Wegweisungen waren verhältnismässig und gerechtfertigt»

Die St. Galler Polizei erklärt, warum ihre Massnahmen auch Jugendliche trafen, die keine bösen Absichten hatten.

Nach Ausschreitungen an den zwei vorangegangenen Freitagabenden hat die Stadtpolizei St. Gallen gegen 500 Jugendliche Wegweisungen ausgesprochen. Roman Kohler von der Stadtpolizei St. Gallen rechtfertigt die Massnahme.

Roman Kohler

Sprecher Stadtpolizei St.Gallen

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Roman Kohler ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei Stadtpolizei St.Gallen.

SRF News: Welche Bilanz ziehen Sie?

Roman Kohler: Die Stadtpolizei St. Gallen zieht für Ostersonntagabend eine positive Bilanz. Die Aufrufe zu Gewalt haben nicht zu Ausschreitungen geführt. Wir konnten Verletzte und Sachbeschädigungen verhindern.

Es gab 500 Wegweisungen, es wurden eigentlich gar keine Jugendlichen in die Stadt gelassen. War denn dieser Einsatz überhaupt gerechtfertigt?

Wir sind uns bewusst, dass diese vielen Wegweisungen auch Fragen aufwerfen. Wir mussten uns aber aufgrund der vergangenen Ausschreitungen, verletzten Personen und Sachbeschädigungen überlegen, wie wir diese Gewaltspiralen unterbrechen können.

Wir haben da tatsächlich Personen anhalten können, die mit 2.5 Liter Brennsprit unterwegs waren.

Wir haben – nicht zuletzt wegen der Kürze der Zeit – in diesen Wegweisungen ein verhältnismässiges und gerechtfertigtes Mittel gesehen.

Trotzdem: Es sind massive Eingriffe in die Grundfreiheiten der Jugendlichen. Auf welcher Grundlage rechtfertigt die Polizei dies?

Wir haben diese Wegweisungen schriftlich ausgehändigt aufgrund des Polizeigesetzes. Da haben wir die Möglichkeit, Personen für 30 Tage wegzuweisen. In diesem Fall, weil sie die Sicherheit und Ordnung gefährden, was aufgrund der vorausgegangenen Ausschreitung ganz klar gegeben war.

Es gab aber auch viele Jugendliche, die friedlich geblieben sind oder gar nicht an den Ausschreitungen teilnehmen wollten. Warum hat man nicht nur jene weggewiesen, die ganz klar die Sicherheit gefährdeten – zum Beispiel, weil sie Pyros oder Brennsprit für Molotowcocktails bei sich trugen?

Wir hatten an den letzten beiden Freitagabenden, wo es zu Ausschreitungen kam, das Problem, dass sehr viele Schaulustige den Aufrufen gefolgt sind. Diese erschwerten den Polizeieinsatz.

Wir haben aber das Problem, dass die vielen Schaulustigen die gewaltbereiten Jugendlichen – zum Teil ungewollt – decken.

Es ist wesentlich einfacher, wenn sie weniger Personen in der Stadt haben, bei denen sie Kontrollen durchführen können. Das hat der letzte Abend gezeigt. Wir haben da tatsächlich Personen anhalten können, die mit 2.5 Liter Brennsprit unterwegs waren. Das wäre fast nicht möglich, wenn wir bis zu 1000 junge Menschen in der Stadt gehabt hätten, die wir kontrollieren sollten.

Man hätte also diese gewaltbereiten Jugendlichen in der Menge nicht gefunden?

Es ist so, dass ein kleiner Teil der Jugendlichen, die jeweils in der Stadt St. Gallen sind, auch effektiv Gewalt ausgeübt haben. Wir haben aber das Problem, dass die vielen Schaulustigen diese – zum Teil ungewollt – decken.

Was bedeuten diese Wegweisungen für die Jugendlichen konkret?

Ziel dieser Wegweisungen ist, dass wir auch für zukünftige Aufrufe zu Gewalt eine Handhabe haben – wenn wir immer wieder die gleichen Personen in der Stadt haben, die diesen Aufrufen folgen und auch Gewalt ausüben.

Man kann gegen die Wegweisung selbstverständlich Rekurs einlegen.

Es ist hingegen nicht das Ziel, dass diese Personen nicht zur Schule oder zur Arbeit gehen können.

Aber es trifft auch Unbeteiligte.

Wenn wir so viele Wegweisungen aussprechen, dann ist es tatsächlich möglich, dass es den einen oder die andere treffen kann, der oder die nicht den Gewaltaufrufen gefolgt sind und auch nicht als Schaulustige vor Ort waren. Wenn diese Personen das Gefühl haben, diese Wegweisungen seien ungerechtfertigt ausgesprochen worden, dann können sie sich bei uns melden.

Man kann sich also dagegen wehren?

Man kann gegen die Wegweisung selbstverständlich Rekurs einlegen.

Das Gespräch führte Philipp Inauen.

Tagesschau vom 5.5.2021, 13 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel