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Berner Erfolgsautor Vom Regenbogenfisch zu Faust: Goethes Klassiker neu interpretiert

Er hat 1992 das international bekannte Kinderbuch «Der Regenbogenfisch» geschrieben und illustriert – der Berner Autor Marcus Pfister. In seinem neuesten Werk wagt er sich an Johann Wolfgang von Goethes «Faust». Und zwar mit «Dr Bärner Fuuscht», inspiriert vom Klassiker.

Marcus Pfister

Autor und Illustrator

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Dem Berner (1960) gelang 1992 der internationale Durchbruch mit seinem Buch «Der Regenbogenfisch». Es handelt von einem Fisch, der seine glitzernden Schuppen nicht mit den anderen Fischen teilen will. Bis heute hat Marcus Pfister 65 Bücher veröffentlicht. Als neuestes Buch ist «Dr Bärner Fuuscht» erschienen, inspiriert von Johann Wolfgang von Goethes Faust.

SRF News: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich an Goethes «Faust» zu versuchen?

Marcus Pfister: Meine Frau und meine Tochter besuchten in Zürich eine Aufführung, bei der ein Schauspieler dreieinhalb Stunden lang aus «Faust» vorliest. Das kam für mich gar nicht infrage. Denn, ich muss gestehen, dass ich Faust im Gegensatz zu meinen Töchtern in der Schule nie gelesen habe. Mir fehlte einfach der Zugang zu den alten Klassikern, zu dieser Sprache, zu diesen Versen.

Ich habe versucht, für einmal nicht mit Farbe, sondern mit dem Berndeutschen Bilder zu schaffen.

Als meine Frau und die Tochter dann völlig begeistert zurückkamen, fand ich es schon ein bisschen peinlich, dass ich diese Geschichte nicht kannte. Also habe ich mir vorgenommen, sie zu lesen. Und als kleine Motivation habe ich mir gesagt, ich schreibe daraus eine berndeutsche Zusammenfassung der Geschichte, drei bis vier Seiten lang.

Normalerweise veröffentlichen Sie Kinderbücher mit Bildern – jetzt eine Geschichte für Erwachsene und fast ohne Illustrationen. Etwas ganz Neues für Sie?

Am Anfang habe ich das nur für mich geschrieben. Aber es wurden immer mehr Seiten, und die Geschichte hat mich immer mehr fasziniert. Und ich habe versucht, für einmal nicht mit Farbe, sondern mit dem Berndeutschen Bilder zu schaffen, mit der Sprache zu spielen.

So sieht Goethes Faust im Berndeutschen aus

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Textpassage: «Im Goudige Schlüssu ar Rathuusgass»

Ir Beiz geits sider scho höch zue und här. Di meischte vo dene luschtige Gseue sy scho fynechli gchäppelet. Da wird gwitzlet u blödelet, plagööret u umegholeiet u natürlech güügelet u bächeret vom Strübschte, u de nid öppe Glüürliwasser.

Dr eint oder anger lyt scho unger em Stüehli u di meischte Chöpf sy scho schwäär wie nassi Sandsäck u nechere sech meh u meh de Tischplattene. Im einte Egge wird scho zgrächtem gschleglet, verchnütschet u verbrätschet, da geits grad bös zur Sach. Hie e Flutte zum Gring u dört e Chlapf a d Bire, e Kinnhaagge päng, doch dä steit no gäng, derfür sprützt afang chly Bluet umenang.*

*Eine Hommage an den «Boxmätsch» des Berner Liedermachers Mani Matter.

Sie haben berndeutsche Liedtexte von Lo & Leduc, Züri West, Troubas Kater oder Stiller Has in die Geschichte eingewoben, warum?

An einer Stelle wird Faust durch Engelsgesang aus seiner depressiven Stimmung gerissen. Beim Lesen kam mir Züri Wests Lied «Fingt ds Glück eim» in den Sinn, und ich dachte, das würde auch zu Faust passen. Warum also nicht Kuno Lauener anstelle der Engel singen lassen? So entstand die Idee mit den Liedpassagen.

Wo lagen die Knacknüsse bei der Arbeit am «Bärner Fuuscht»?

Bei der alten Sprache und den alten Versen. Die musste ich zum Teil viermal lesen, bis ich sie verstanden habe. Und es gab Dinge, die mich verwirrt haben, zum Beispiel die Chronologie.

Vielleicht war ich etwas unbefangener beim Lesen, weil es mein erstes Mal war.

Am Anfang beschreibt Goethe alles ganz genau. Aber gegen Ende geht alles wie im Zeitraffer. Zum Beispiel Gretchens neunmonatige Schwangerschaft, die einfach übersprungen wird. Oder überhaupt die Geschichte von Gretchen, die fast ein bisschen in Vergessenheit gerät. Da musste ich ein paar Mal zurückblättern, um zu sehen, ob ich etwas verpasst habe.

Eine kleine Kritik an Goethe von Ihnen …

Vielleicht war ich etwas unbefangener beim Lesen, weil es mein erstes Mal war. Natürlich ist Faust DAS deutsche Werk. Aber vielleicht kann man es auch mal aus einer anderen Perspektive betrachten.

Der Regenbogenfisch

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Illustration des Regenbogenfischs.
Legende: Die Geschichte des Regenbogenfischs wurde im Weissen Haus von Michelle Obama vorgelesen. Illustration von Marcus Pfister © 1992 NordSüd Verlag

Der Durchbruch gelang Marcus Pfister 1992 mit «Der Regenbogenfisch». Der erste Band ist laut Verlag in mehr als 50 Sprachen erschienen. Weltweit wurden bisher über 30 Millionen Exemplare verkauft. Die gesamte Reihe umfasst neun Bände und einen Sammelband.

Beginnt jetzt Ihre zweite Karriere als Autor von Büchern für Erwachsene?

Das Schreiben hat mir unheimlich viel Spass gemacht. Und es hat mich richtig gepackt. Kürzlich waren wir im Urlaub in Griechenland und da kam mir die Idee: Ödipus, diese griechische Tragödie, die könnte man auch mal ins Berndeutsche übersetzen. Aber geplant ist noch nichts.

Das Gespräch führte Anne Moser.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 12.2.2025, 17:30 Uhr ; 

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