Er hat 1992 das international bekannte Kinderbuch «Der Regenbogenfisch» geschrieben und illustriert – der Berner Autor Marcus Pfister. In seinem neuesten Werk wagt er sich an Johann Wolfgang von Goethes «Faust». Und zwar mit «Dr Bärner Fuuscht», inspiriert vom Klassiker.
SRF News: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich an Goethes «Faust» zu versuchen?
Marcus Pfister: Meine Frau und meine Tochter besuchten in Zürich eine Aufführung, bei der ein Schauspieler dreieinhalb Stunden lang aus «Faust» vorliest. Das kam für mich gar nicht infrage. Denn, ich muss gestehen, dass ich Faust im Gegensatz zu meinen Töchtern in der Schule nie gelesen habe. Mir fehlte einfach der Zugang zu den alten Klassikern, zu dieser Sprache, zu diesen Versen.
Ich habe versucht, für einmal nicht mit Farbe, sondern mit dem Berndeutschen Bilder zu schaffen.
Als meine Frau und die Tochter dann völlig begeistert zurückkamen, fand ich es schon ein bisschen peinlich, dass ich diese Geschichte nicht kannte. Also habe ich mir vorgenommen, sie zu lesen. Und als kleine Motivation habe ich mir gesagt, ich schreibe daraus eine berndeutsche Zusammenfassung der Geschichte, drei bis vier Seiten lang.
Normalerweise veröffentlichen Sie Kinderbücher mit Bildern – jetzt eine Geschichte für Erwachsene und fast ohne Illustrationen. Etwas ganz Neues für Sie?
Am Anfang habe ich das nur für mich geschrieben. Aber es wurden immer mehr Seiten, und die Geschichte hat mich immer mehr fasziniert. Und ich habe versucht, für einmal nicht mit Farbe, sondern mit dem Berndeutschen Bilder zu schaffen, mit der Sprache zu spielen.
Sie haben berndeutsche Liedtexte von Lo & Leduc, Züri West, Troubas Kater oder Stiller Has in die Geschichte eingewoben, warum?
An einer Stelle wird Faust durch Engelsgesang aus seiner depressiven Stimmung gerissen. Beim Lesen kam mir Züri Wests Lied «Fingt ds Glück eim» in den Sinn, und ich dachte, das würde auch zu Faust passen. Warum also nicht Kuno Lauener anstelle der Engel singen lassen? So entstand die Idee mit den Liedpassagen.
Wo lagen die Knacknüsse bei der Arbeit am «Bärner Fuuscht»?
Bei der alten Sprache und den alten Versen. Die musste ich zum Teil viermal lesen, bis ich sie verstanden habe. Und es gab Dinge, die mich verwirrt haben, zum Beispiel die Chronologie.
Vielleicht war ich etwas unbefangener beim Lesen, weil es mein erstes Mal war.
Am Anfang beschreibt Goethe alles ganz genau. Aber gegen Ende geht alles wie im Zeitraffer. Zum Beispiel Gretchens neunmonatige Schwangerschaft, die einfach übersprungen wird. Oder überhaupt die Geschichte von Gretchen, die fast ein bisschen in Vergessenheit gerät. Da musste ich ein paar Mal zurückblättern, um zu sehen, ob ich etwas verpasst habe.
Eine kleine Kritik an Goethe von Ihnen …
Vielleicht war ich etwas unbefangener beim Lesen, weil es mein erstes Mal war. Natürlich ist Faust DAS deutsche Werk. Aber vielleicht kann man es auch mal aus einer anderen Perspektive betrachten.
Beginnt jetzt Ihre zweite Karriere als Autor von Büchern für Erwachsene?
Das Schreiben hat mir unheimlich viel Spass gemacht. Und es hat mich richtig gepackt. Kürzlich waren wir im Urlaub in Griechenland und da kam mir die Idee: Ödipus, diese griechische Tragödie, die könnte man auch mal ins Berndeutsche übersetzen. Aber geplant ist noch nichts.
Das Gespräch führte Anne Moser.