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Beschwerde eingereicht AKW-Nachbarn gehen vor Gericht und verlangen Mitsprache

Da das Atomkraftwerk Leibstadt mehr als 40 Jahre läuft, fordern Anwohnende vor Gericht eine demokratische Mitsprache.

15 Anwohnerinnen und Anwohner des Atomkraftwerks Leibstadt ziehen mit einer Beschwerde vor das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde richtet sich gegen das AKW und das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).

Das Atomkraftwerk in Leibstadt AG ist seit 40 Jahren am Netz. Es ist in den sogenannten Langzeitbetrieb übergegangen. Deshalb hatten Anwohnerinnen ein Gesuch für eine Umweltverträglichkeitsprüfung beim Uvek eingereicht. Eine solche Prüfung würde eine öffentliche Mitsprache enthalten.

Braucht es eine Prüfung?

Das Departement hat das Gesuch allerdings abgelehnt, weswegen die 15 Personen eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen. Sie werfen dem Uvek vor, es übergehe die demokratische Mitsprache und halte sich nicht an internationale Abkommen.

Warum verweigert man sich einer ausführlichen Prüfung?
Autor: Katleen de Beukeleer Beschwerdeführerin

An einer von Greenpeace und der Schweizerischen Energiestiftung organisierten Medienkonferenz erläuterten eine Anwohnerin und zwei Anwohner ihre Motive. Biobauer Hanspeter Meier möchte einen Umweltverträglichkeitsbericht sehen: «Ich muss als Bauer auch jedes Jahr einen Bericht vorlegen und ich nehme an, dass das Kraftwerk nichts zu verbergen hat.»

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Legende: Hanspeter Meier führt einen Bauernhof im Nachbarort von Leibstadt, Full AG. Er ist der Meinung, dass es ein verbindliches Abstelldatum für das AKW Leibstadt braucht. SRF/Mario Gutknecht

Meier macht aber keinen Hehl daraus, dass es ihm darum geht, dem Kraftwerk den Stecker zu ziehen: «Ein Bericht wäre ein kleiner Schritt hin zum Tag, an dem das Kraftwerk abgestellt wird.»

Ebenfalls Beschwerde eingereicht hat Katleen de Beukeleer. Sie betont, dass sich die Schweiz an internationale Verpflichtungen halten müsse und stellt die Frage: «Wie passt es zusammen, dass uns immer gesagt wird, dass alles sicher sei und gleichzeitig verweigert man sich einer ausführlichen Prüfung?».

Aarhus- und Espoo-Konvention

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Die Argumentation der Anwohnerinnen und Anwohner stützt sich unter anderem auf zwei internationale Abkommen, denen die Schweiz beigetreten ist. Sie sind nach den Orten benannt, an denen sie abgeschlossen wurden.

Die Espoo-Konvention verpflichtet die Staaten, die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt eines Nachbarstaates zu prüfen.

In der Aarhus-Konvention hat sich die Schweiz unter anderem verpflichtet, Umweltinformationen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Bei Projekten, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen, muss die Öffentlichkeit Stellung beziehen können. Diese Stellungnahmen sollen angemessen berücksichtigt werden.

Quelle: Bundesamt für Umwelt

Es brauche eine transparente Untersuchung der Auswirkungen des Langzeitbetriebs auf Mensch und Umwelt, fordern die Beschwerdeführenden.

AKW hat unbefristete Bewilligung

Das Bundesamt für Energie schreibt auf Anfrage, es nehme die Beschwerde zur Kenntnis. Weil es sich um ein laufendes Verfahren handle, werde man sich nicht weiter dazu äussern.

Luftbild Atomkraftwerk
Legende: Das Atomkraftwerk Leibstadt steht direkt an der Landesgrenze am Rhein. Von den 15 Beschwerdeführenden leben vier in Deutschland. Keystone/Til Buergy

Das Atomkraftwerk in Leibstadt ging 1984 ans Netz. Ursprünglich für eine Laufzeit von 40 Jahren geplant, soll es bis mindestens 2045 Strom liefern. Schweizer Atomkraftwerke dürfen so lange am Netz bleiben, wie es die Sicherheit zulässt.

Das Kernkraftwerk Leibstadt betont, dass es alle Anforderungen für einen sicheren und zuverlässigen Langzeitbetrieb erfülle. Seit der 1984 seien 1.7 Milliarden Franken investiert worden. In den kommenden 20 Jahre soll noch einmal 1 Milliarde Franken dazukommen.

Leibstadt profitiert vom AKW

Die Anwohnerinnen und Anwohner, die vors Bundesverwaltungsgericht ziehen, dürften in der Region in der Minderheit sein. Dies zeigt ein Besuch in der Aargauer Gemeinde. Auf das Kraftwerk angesprochen, reagieren die Personen auf der Strasse positiv.

«Irgendwoher muss der Strom ja kommen», sagt etwa Rentner Gustav Hasler. Das Kraftwerk sei zudem ein wichtiger Arbeitgeber. Doris Anderhub betont, dass in Leibstadt der Strom sehr günstig sei.

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Legende: Doris Anderhub wohnt in Leibstadt und sagt, dass die Gemeinde vom AKW profitiert. So erhält die Stiftung «Pro Leibstadt» Geld, das diese in kulturelle und sportliche Anlässe investiert. SRF/Mario gutknecht

Es würde immer mehr Strom verbraucht, der müsse irgendwo produziert werden, sagt Güngör Sözen. Und: «Es ist eine sichere Art Strom zu produzieren, der Schweizer Standard ist hoch.»

Nun wird sich also das Bundesverwaltungsgericht mit der Beschwerde der Anwohnenden befassen. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, ist nicht bekannt.

SRF4 News, 5.2.25, 12:00 Uhr ; 

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