- Der Gletscherschwund ist auch im vergangenen Jahr unvermindert weitergegangen, wie der neue Bericht der Schweizerischen Kommission für Kryosphärenbeobachtung der Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT) zeigt.
- Die hiesigen Gletscher haben 2024 demnach rund 2.5 Prozent ihres Volumens verloren. Insgesamt schmolzen 1.2 Kubikkilometer Eis weg – in etwa das Volumen des Bielersees.
- Im August haben die Schweizer Gletscher so schnell Eis verloren, wie noch nie zuvor seit Messbeginn.
Nach dem starken Schneefall im Winter 2023/24 sah es zunächst gut aus, so die Akademie, die sich auf Daten des Schweizer Gletschermessnetzes (Glamos) bezieht. Besonders oberhalb von 2'200 Metern seien 30 Prozent mehr Schnee gefallen als im langjährigen Durchschnitt.
«Die mittleren Schneehöhen zwischen November und Mai gehören in der Höhe zu den höchsten seit Messbeginn», schreiben die Verantwortlichen um Glamos-Leiter Matthias Huss.
Dann kamen aber die heissen Sommermonate Juli und August. Der August verzeichnete gar den grössten Eisverlust seit Messbeginn. Auf dem 3'463 Meter hohen Jungfraujoch sei der August noch wärmer als gewesen als in den Hitzesommern 2003 und 2022, heisst es im Bericht.
Negativen Einfluss hatte in diesem Jahr zudem Saharastaub. Er verfärbt den Schnee gelb-braun und führt dazu, dass der Schnee mehr Sonnenenergie absorbiert – und dadurch stärker schmilzt. Zudem sei über 3'000 Metern zwischen Mitte Juni und Mitte September kaum Schnee gefallen. «Dies ist im langjährigen Vergleich aussergewöhnlich, trat in den letzten Jahren aber immer häufiger auf», heisst es in dem Bericht.
Laut SCNAT wurden etwa auf dem Claridenfirn GL Mitte Mai sechs Meter Schnee gemessen, der bis im September komplett verschwand. Gletscher unterhalb von 3000 Metern über Meer, wie der Glacier du Giétro VS, der Glacier de la Plaine Morte BE, und der Silvrettagletscher GR wiesen Verluste von bis zu zwei Metern Eisdicke auf.
Für Gletscher mit Südeinfluss, wie den Ghiacciaio del Basòdino TI, fiel der Verlust dank sehr viel Schnee im Winter etwas weniger stark aus. Im Durchschnitt haben die Gletscher in der Schweiz im Jahr 2024 rund 1.4 Meter an Dicke verloren, wie aus dem Bericht hervorgeht.
Die Gletscher zerfallen zunehmend – Wasserknappheit droht
«Wir hatten in den vergangenen 10 bis 20 Jahren ein Extremjahr nach dem anderen. Es gab keine Pause der Schmelze», fasst Matthias Huss, Leiter des Schweizer Gletschermessnetzes (Glamos), die aktuelle Situation gegenüber SRF zusammen. Bis Ende des Jahrhunderts könnten «unter Umständen» sogar sämtliche Gletscher hierzulande verschwunden sein.
Voraussetzung dafür, dass das nicht geschieht, sei die weltweite Umsetzung von Klimamassnahmen, so Huss. Technologische Massnahmen gegen den Gletschwerschwund stecken hingegen noch in den Kinderschuhen. So wollte etwa ein Team um den Glaziologen Felix Keller im Oberengadin das Abschmelzen des Morteratsch-Gletschers mit einer riesigen Beschneiiungsanlage stoppen.
Doch daraus wurde nichts. Unter anderem auch, weil Glaziologe Matthias Huss im Auftrag des Initiators die Machbarkeit prüfte und zum Schluss kam, dass das nicht funktioniert.
Der anhaltende Rückgang der Gletschervolumen führe dazu, dass die Gletscher auch bei hohen Schmelzraten nicht mehr hohe Mengen an Schmelzwasser lieferten. Dies stellt zukünftige Herausforderungen an das Management der Wasserressourcen dar, insbesondere während Dürreperioden, warnt Huss.