Die Münchner Sicherheitskonferenz markiert für Verteidigungsministerin Viola Amherd den letzten bedeutenden internationalen Auftritt. Während ihrer Amtszeit setzte sie sich ein für mehr militärische und sicherheitspolitische Kooperation der Schweiz, auch mit der Nato, was nicht unumstritten ist. Nun zieht sie dazu Bilanz.
SRF News: In einem Punkt herrscht Einigkeit diesmal auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Die Lage in Europa und für Europa ist sicherheitspolitisch bedrohlicher geworden. Ist die Schweiz für diese neue, schwierige Zeit gewappnet?
Viola Amherd: Wir haben schon in den letzten Jahren in unseren sicherheitspolitischen Berichten darauf hingewiesen, dass die Situation sich so entwickeln könnte, wie sie jetzt leider ist. Wir haben Schritte unternommen zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und für eine bessere Koordination, etwa mit dem Staatssekretariat für Sicherheit. Da geht es auch um eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit. Die Schweiz hat hier natürlich noch Aufgaben zu erledigen. Wir müssen noch stärker in die Richtung einer Zusammenarbeit mit Partnern gehen und wir müssen die eigene Verteidigungsfähigkeit stärken.
Sie haben sich in Ihrer Amtszeit stark für die Kooperation mit befreundeten Ländern, auch mit der Nato eingesetzt. Wo ist man da konkret weitergekommen in den letzten Jahren?
Wir haben einiges erreicht in der Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten, mit befreundeten europäischen Staaten. Zum Beispiel bei der European Sky Shield Initiative, die von Deutschland ausgegangen ist. Da machen wir mit. Da werden wir profitieren können.
Wir werden vermehrt an Übungen der Nato teilnehmen und dort von anderen Ländern lernen.
Wir arbeiten verstärkt mit der Europäischen Verteidigungsagentur zusammen. Da profitieren wir von Innovation und Knowhow anderer Länder. Und wir haben ein massgeschneidertes Programm für die Zusammenarbeit mit der Nato aufgesetzt. Wir werden vermehrt an Übungen teilnehmen und dort von anderen Ländern lernen.
Man hat den Eindruck, dass die beiden Kandidaten für ihre Nachfolge eine Zusammenarbeit mit der Nato skeptischer sehen als Sie. Beunruhigt Sie das?
Ich äussere mich nicht zu meinen möglichen Nachfolgern. Diese äussern sich, wie sie es wollen. Wer immer gewählt wird, übernimmt das Departement und wird sich dann mit den Realitäten auseinandersetzen, sich in die Dossiers einarbeiten. Wenn sie ihre Analysen gemacht haben, dann kann man ihre Äusserungen zur Kenntnis nehmen.
Das Thema der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial wurde bei internationalen Kontakten immer wieder angesprochen.
Werden Sie bei Ihren internationalen Begegnungen häufig kritisch darauf angesprochen, dass die Schweiz weniger als ein Prozent vom Bruttoinlandprodukt für die Verteidigung ausgibt? Dass die Schweiz sich militärisch wesentlich mehr engagieren müsste?
Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich das bei internationalen Kontakten natürlich gehört. Auch das Thema der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial wurde immer wieder angesprochen. Jetzt, nachdem die Schweiz den Bürgenstock-Gipfel organisiert hat und offensichtlich die internationale Zusammenarbeit stärkt, hat sich unser Image enorm verbessert. Ich werde darauf nicht mehr angesprochen. Allerdings: Wenn alle nun sagen, sie gehen jetzt auf drei, vier, fünf Prozent bei den Verteidigungsausgaben und ich sage, wir gehen jetzt auf ein Prozent bis 2032, ja dann wird das zur Kenntnis genommen. Natürlich im Wissen, dass die Schweiz ein hohes Bruttoinlandprodukt hat.
Das Gespräch führte Fredy Gsteiger.