Die Kampfansage der Grünen ist einmal mehr ungehört verhallt. Fraktionschefin Aline Trede spielt die mathematischen Gedanken kurz durch und verweist auf die aktuellen Parteistärken: «Am fairsten wäre es, wenn FDP, Mitte und wir je einen Bundesratssitz hätten. Dann hätte die Zauberformel wieder etwas Zauber.»
Die beiden Polparteien SVP und SP hätten in der Landesregierung also je zwei Sitze, die FDP, Mitte und die Grünen je einen.
In die Jahre gekommene Zauberformel
Heute lautet die Zauberformel unverändert: Je zwei Sitze für die drei stärksten Parteien, einen für die viertstärkste Kraft. Doch die Zauberformel ist in die Jahre gekommen. Sie wurde 1959 möglich, als vier Bundesratssitze neu besetzt werden mussten.
Im Jahr 2003 korrigierte das Parlament die Zusammensetzung, indem es die Doppelvertretung der damaligen CVP (heute Mitte) zugunsten der SVP kippte. Die Volkspartei hatte fortan zwei Bundesratssitze, nachdem sie seit den 1990er-Jahren deutlich an Wählerstärke hatte zulegen können.
Eine ähnliche Korrektur bei der FDP-Doppelvertretung blieb jetzt chancenlos. Die Grünen, unterstützt von Teilen der GLP und SP, kamen auf 59 Stimmen – statt der erforderlichen mindestens 124.
Ein Bundesratssitz muss verdient werden
Die FDP-Parteispitze konnte sich derweil entspannen. Die bürgerlichen Parteien sicherten zu, auf Spiele zu verzichten. SVP und FDP machten auch der SP unmissverständlich klar, sie im Falle eines Störmanövers abzustrafen.
«Ich hatte viele Hinweise darauf, dass sich das Parlament für Stabilität und Konkordanz entscheidet», sagt denn auch FDP-Präsident Thierry Burkart.
Wenn ein Bundesratsmitglied während der kommenden vier Jahre zurücktritt, werden wir die Lage neu beurteilen.
Zwar unterstrichen auch die bürgerlichen Fraktionen die Aussage der Grünen, Wahlen müssten Folgen haben – aber offensichtlich nicht heute. Die Frage nach der Zauberformel habe sich nicht gestellt, hielt Mitte-Präsident Gerhard Pfister fest. Es sei auch nicht der Moment, um bereits für die Zukunft zu entscheiden.
Immerhin: «Wenn ein Bundesratsmitglied während der kommenden, vierjährigen Legislatur entscheidet, aufzuhören, werden wir die Lage neu beurteilen», sagt er. Die Mitte, nach den Wahlen vom Oktober mit neuer Stärke, hält sich aktuell also zurück.
Grünes Anrecht auf Sitz im Bundesrat?
Wer nicht zum innersten Zirkel der Macht gehört, ist gehalten, sich zu gedulden. So war das schon immer. Nach SVP und SP im letzten Jahrhundert betrifft es nun die Grünen und die Grünliberalen. Doch: «In einem Konkordanzsystem haben auch sie ein Anrecht auf einen Bundesratssitz», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen.
«Einfach ausgesperrt zu bleiben, geht nicht mehr in Zukunft», betont er. Doch können die ökologischen Kräfte genug Druck aufbauen? Denn Konkordanz bedeutet, dass die wichtigen Kräfte eingebunden sind.
Und so geht die Diskussion um die Zauberformel weiter – auch wenn sie in der bisherigen Formel einmal mehr bewahrt wurde.