15 Jahre lang war Eva Herzog Teil der Regierung im Kanton Basel-Stadt. Und dies nicht bloss als Mitglied – die Sozialdemokratin habe den Ton angegeben. Das sagt nicht etwas ein Parteifreund, sondern Baschi Dürr von der FDP, der sieben Jahre lang mit Herzog in der Regierung sass: «Sie war die Chefin – das ist ein offenes Geheimnis.»
Die Rolle der Chefin sei der heute 60-jährigen Herzog aber nicht in den Schoss gefallen. Sie habe sie sich erarbeitet. Akribisch und fleissig sei Herzog gewesen, so Dürr: «Sie kennt ihre Dossiers. Was sie sagt, hat Hand und Fuss.»
Die Historikerin im Finanzdepartement
Die Gründe dafür, dass ihr Akribie und Dossierfestigkeit zugeschrieben werden, liegen in den Anfängen ihrer Regierungstätigkeit. Herzog wurde damals als Historikerin ins Finanzdepartement geschickt – viele trauten ihr nicht zu, dass sie den Überblick über die Zahlen behalten würde.
Doch Herzog, Mutter von zwei damals noch kleinen Kindern, kniete sich in die Arbeit – und strafte die Zweifler Lügen. Als sie 2019 zurücktrat, war ihre Bilanz nahezu makellos; sie präsentierte jedes Jahr Überschüsse in Millionenhöhe und baute in Basel-Stadt kontinuierlich Schulden ab.
«Der Erfahrungshintergrund ist ein anderer»
Schon vor 12 Jahren bewarb sich Eva Herzog für das Amt der Bundesrätin, sie unterlag damals aber in der parteiinternen Ausmarchung. Nun, beim zweiten Anlauf, fühle sie sich noch besser gerüstet, sagt Herzog: «Es sind jetzt 15 Jahre in der Exekutive und drei Jahre im Ständerat – das ist ein anderer Erfahrungshintergrund als damals.»
Dass sie die Kompetenzen habe, um Bundesrätin zu sein, sprechen ihr selbst die politischen Gegner nicht ab. Nochmals Baschi Dürr: «Sie bringt ohne Zweifel das Rüstzeug mit, hat grosse Erfahrung, Gestaltungswillen und Durchsetzungsfähigkeit. Wenn man ihr vorwirft, etwas Haare auf den Zähnen zu haben, dann trifft das sicher zu – das ist aber ein Merkmal einer erfolgreichen Bundesrätin oder eines erfolgreichen Bundesrats.»
Sie bringt ohne Zweifel das Rüstzeug mit, hat grosse Erfahrung und Durchsetzungsfähigkeit.
Dürr nennt hier einen Charakterzug Herzogs, der ihr im Wahlkampf von manchen als Schwäche ausgelegt wird. Denn Herzog gilt zuweilen als schroff im Umgang und als unzimperlich, wenn es darum geht, ihre Ziele durchzusetzen.
Spüren mussten dies 2016 unter anderem ihre Parteifreunde von der SP, als sich Herzog – gegen den Mehrheitswillen ihrer Partei – für die Unternehmenssteuerreform 3 einsetzte und mit ihrem forschen Auftreten auch langjährige Weggefährten verstimmte.
Im Heimatkanton sehr beliebt
Man dürfe von dieser Härte in der Sache nicht auf ihre Persönlichkeit schliessen, meint Lisa Mathys, Parteipräsidentin der SP Basel-Stadt. Eva Herzog sei ein sehr zugänglicher, lustiger Mensch – «das geht in den öffentlichen Auftritten manchmal unter.»
Dass es in manchen Medien nun heisst, Konkurrentin Elisabeth Baume-Schneider wirke sympathischer und lockerer, bringt Eva Herzog nicht aus der Ruhe. Darüber werde jetzt zwar viel geschrieben und gesprochen – in den Hearings sei es aber anders: «Da wird man zu Sachthemen befragt. Wichtig sind die Inhalte.»
Ausser Frage steht, dass Eva Herzog in ihrem Heimatkanton sehr beliebt ist. Bei jeder Wiederwahl in die Regierung erzielte sie das mit Abstand beste Ergebnis aller Kandidatinnen und Kandidaten.
Die Wahl für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga findet am 7. Dezember statt. Herzog wäre nach 50 Jahren die erste Vertreterin aus Basel-Stadt, die es in die Landesregierung schafft.