Der Bund hat einen Traumjob zu vergeben – aber niemand will ihn. So scheint es derzeit bei der Suche nach einer Nachfolge für den Mitte-Bundesratssitz von Viola Amherd. Mehrere Favoritinnen und Favoriten haben abgesagt, darunter Parteipräsident Gerhard Pfister und der Bündner Nationalrat Martin Candinas. Wie attraktiv ist das Bundesratsamt überhaupt noch? Politologe Michael Hermann ordnet ein.
SRF News: Ist es aussergewöhnlich, dass gleich mehrere Favoriten das vakante Amt nicht übernehmen wollen?
Michael Hermann: Ja, ich habe noch nie erlebt, dass nicht nur einzelne, sondern gleich die vier, fünf Topfavoriten abgesagt haben. Zumindest ist das in den letzten 25 Jahren nicht vorgekommen. Früher wusste man nicht so genau, wer kandidieren will und wer nicht. Mögliche Kandidatinnen und Kandidaten wurden oft hinter den Kulissen diskutiert. Heute ist das anders.
Als Gründe für die Absage nannten die Favoriten beispielsweise die Familie oder dass sie zu wenig Feuer für das Amt hätten. Irgendwie erstaunlich, oder?
Ja, es ist wirklich faszinierend, dass mehrere der Topfavoriten ihren Rückzug mit sehr persönlichen, nicht nur familiären Argumenten begründet haben, sondern eben zum Beispiel das fehlende Feuer genannt haben. Gerhard Pfister hat zum Beispiel auch gesagt, dass er im Amt nicht glücklich werden würde.
Viele sind sich heute mehr bewusst, dass eine Karriere, in der man nicht glücklich ist, auch nicht das Gelbe vom Ei ist.
Fragen der Work-Life-Balance, der Selbstverwirklichung werden oft der jüngeren Generation zugeschrieben. Das sind aber Aspekte, die man in der heutigen Arbeitswelt generell viel stärker wahrnimmt. Viele sind sich heute mehr bewusst, dass eine Karriere, in der man nicht glücklich ist, auch nicht das Gelbe vom Ei ist. Früher wurden solche subjektiven Faktoren mehr in den Hintergrund gedrängt. Man hat die Pflicht des Amtes und die Chancen gesehen und weniger die Belastung.
Ist Bundesrat oder Bundesrätin noch ein Traumjob?
Es handelt sich natürlich um eine anspruchsvolle Aufgabe. Man hetzt von Termin zu Termin, man muss Reden halten, die man nicht selber geschrieben hat und man hat nur wenig Zeit, um Entscheidungen zu treffen. Bundesrätinnen und Bundesräte haben sehr wenig persönliche Freiheit und sind zugleich enorm unter öffentlicher Beobachtung. Dies hat sich mit den sozialen Medien weiter verschärft.
Sicherlich ist es aber nach wie vor so, dass das Amt mit einem enormen Prestige verbunden ist. Es herrscht eine ganz besondere Stimmung, wenn eine Bundesrätin oder ein Bundesrat auftritt. In diesem Amt bekommt man viel Aufmerksamkeit, man kann mitgestalten und die Arbeit ist spannend.
Inwiefern hängen die Ablehnungen mit dem zu vergebenden Sitz zusammen? Also mit dem Sitz der Mittepartei und damit, dass die neue Bundesrätin oder der neue Bundesrat womöglich das Verteidigungsdepartement leiten würde?
Ich glaube, dass das durchaus eine Rolle spielt. Lange Zeit waren die Sitze der Mitte oder früher der CVP und der BDP enorm wichtig. Sie hatten eine Scharnierfunktion, konnten oft mit links oder rechts eine Mehrheit bilden und hatten deshalb auch besonders viel Einfluss. Heute hat sich der Block rechts der Mitte, mit FDP und SVP, stark formiert. Die Parteien arbeiten gut zusammen, sodass die Mitte an Einfluss verloren hat.
Es ist sehr undankbar und enorm schwierig, in diesem Setting zu politisieren.
Das Verteidigungsdepartement hat in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen. Es wird gestärkt und bekommt mehr Geld. Aber wenn man die strukturellen Probleme im VBS kennt, dann weiss man, dass man auch mit mehr Geld die Probleme nicht einfach wegzaubern kann. Es ist sehr undankbar und enorm schwierig, in diesem Setting zu politisieren.
Das Gespräch führte Yves Kilchör.
Amherd-Nachfolge: Wer noch im Rennen ist und wer nicht
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Bild 1 von 29. Markus Ritter. Der 57-jährige Präsident des Bauernverbandes würde gerne Bundesrat werden. Die St. Galler Mitte-Partei hat ihn offiziell nominiert. Er ist der erste Kandidat der Mitte-Partei, der öffentlich bestätigt, kandidieren zu wollen. Er sitzt seit 2011 für den Kanton St. Gallen im Nationalrat. Bildquelle: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller.
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Bild 2 von 29. Martin Pfister. Auch der Zuger Regierungsrat Martin Pfister möchte gerne in den Bundesrat. Er stellt sich als Kandidat zur Verfügung. Der 61-Jährige ist seit 2016 als Gesundheitsdirektor im Zuger Regierungsrat. Bildquelle: KEYSTONE/Urs Flueeler.
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Bild 3 von 29. Marie-France Roth Pasquier. Die Freiburger Nationalrätin will sich erst Anfang Februar zu einer möglichen Kandidatur äussern, wie sie der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Bildquelle: KEYSTONE/Marcel Bieri.
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Bild 4 von 29. Peter Hegglin. Der Zuger Mitte-Ständerat hat Interesse am Amt als Bundesrat bekundet. Aktiv bewerben wird er sich jedoch nicht, wie er in einem Interview mit CH Media sagte. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 5 von 29. Die folgenden Politikerinnen und Politiker haben bereits erklärt, dass sie sich nicht für eine Kandidatur zur Verfügung stellen. Bildquelle: KEYSTONE/Gaetan Bally.
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Bild 6 von 29. Elisabeth Schneider-Schneiter. Die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter will nicht Bundesrätin werden. Die Weiterführung ihrer Arbeit im Parlament stehe für sie im Vordergrund. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 7 von 29. Nicole Barandun. Die Zürcher Nationalrätin Nicole Barandun kandidiert nicht für das Amt als Bundesrätin. Sie nennt berufliche Gründe für ihren Entscheid. Bildquelle: KEYSTONE/Gaetan Bally.
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Bild 8 von 29. Christophe Darbellay. Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay will nicht in den Bundesrat. Der 53-Jährige war von 2006 bis 2016 Präsident der damaligen CVP und gehörte auch dem Nationalrat an. Bildquelle: KEYSTONE/Cyril Zingaro.
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Bild 9 von 29. Andrea Gmür-Schönenberger. Die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger verzichtet auf eine Bundesratskandidatur, da sie sich weiterhin mit voller Kraft als Ständerätin engagieren will. Bildquelle: Keystone/GAETAN BALLY.
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Bild 10 von 29. Marcus Caduff. Der Bündner Mitte-Regierungspräsident Marcus Caduff will nicht für das Bundesratsamt kandidieren. Seine Begründung: Es sei für ihn aus familiären Gründen der falsche Zeitpunkt. Bildquelle: KEYSTONE/Yanik Buerkli.
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Bild 11 von 29. Gerhard Pfister. Mitte-Präsident Gerhard Pfister verzichtet. Das Amt passe nicht zu ihm, sagte er in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Bildquelle: Keystone/PETER SCHNEIDER.
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Bild 12 von 29. Philipp Kutter. Der Zürcher Nationalrat verzichtet auf eine Kandidatur. Grund dafür sei seine Familie, wie Kutter gegenüber SRF sagt. «Ich habe Kinder im Primar- und Oberstufenalter und musste feststellen, dass mein Familienleben stark beeinträchtigt würde, wenn ich Bundesrat wäre. Bildquelle: Keystone/ANTHONY ANEX.
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Bild 13 von 29. Reto Nause. Ähnlich wie bei Ritter ist es bei Nationalrat Reto Nause: «Viele sagten mir, ich solle für den Bundesrat kandidieren.» Gegenüber dem «Blick» hielt er jedoch fest, für ihn sei klar, er wolle lieber auf den ebenfalls abtretenden Parteipräsidenten Gerhard Pfister folgen. «Ich habe mich geistig auf eine Kandidatur als Mitte-Präsident eingestimmt.». Bildquelle: Keystone/PETER KLAUNZER.
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Bild 14 von 29. Thomas Rechsteiner. Auch der Nationalrat aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden hat sich gegen eine Kandidatur entschieden. Eine Nachfolgelösung für seine berufliche Tätigkeit zu finden, sei innert kurzer Zeit nicht möglich, begründete Rechsteiner die Absage. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 15 von 29. Michaela Tschuor. Die Luzernern Regierungsrätin will nicht für den freiwerdenden Sitz in der Landesregierung kandidieren und sich weiterhin um die Aufgaben und anstehenden Projekte als Regierungsrätin kümmern. Bildquelle: KEYSTONE/Urs Flueeler.
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Bild 16 von 29. Karin Kayser-Frutschi. Die Nidwaldner Regierungsrätin prüfte eine Bundesratskandidatur, sagte schliesslich aber ab. Ihre Aufgaben im Kanton Nidwalden und ihr Amt als Co-Präsidentin der Konferenz kantonaler Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) seien ihr wichtig. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 17 von 29. Philipp Matthias Bregy. Der Oberwalliser Nationalrat und Mitte-Fraktionschef will wegen seiner Familie nicht kandidieren, wie er im Gespräch mit der «NZZ am Sonntag» sagte. Bildquelle: Keystone/PETER KLAUNZER.
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Bild 18 von 29. Isabelle Chassot. Die Freiburger Ständerätin Isabelle Chassot kennt das Regieren aus ihrem Heimatkanton. Bundesrätin wolle sie aber nicht werden, sagte sie dem Westschweizer Fernsehen RTS. Bildquelle: Keystone/PETER KLAUNZER.
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Bild 19 von 29. Benedikt Würth. Auch der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth hat sich gegen eine Bundesratskandidatur ausgesprochen. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro della Valle.
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Bild 20 von 29. Martin Candinas. Er verspüre das nötige «innere Feuer nicht», sagte Martin Candinas – und verzichtet auf eine Kandidatur. Bildquelle: KEYSTONE/Walter Bieri.
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Bild 21 von 29. Stefan Engler. Der Bündner Ständerat Stefan Engler ist seit 2011 Ständerat und derzeit erster Vizepräsident der kleinen Kammer – im kommenden Jahr wird er voraussichtlich Ständeratspräsident. Es ist aussichtsreicher, im Dezember als Präsident des Ständerats gewählt zu werden», zitierte ihn die «Südostschweiz». Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 22 von 29. Heidi Z'graggen. Ihr Einsatz und ihre volle Kraft gälten den Anliegen des Kantons Uri, der Berggebiete und der gesamten Schweiz. Die Urner Ständerätin Heidi Z'graggen verzichtet auf eine Bundesratskandidatur. Bildquelle: Keystone/URS FLUEELER.
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Bild 23 von 29. Lukas Engelberger. Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Mitte) will nicht für einen Sitz im Bundesrat kandidieren. Er will Regierungsrat in Basel bleiben, wie der 49-Jährige auf Anfrage von SRF sagte. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 24 von 29. Priska Wismer-Felder. Die Luzernern Nationalrätin Priska Wismer-Felder hat ebenfalls kein Interesse an einer Bundesratskandidatur. Sie wolle auch in Zukunft Zeit für ihre Kinder und Enkelkinder haben und weiterhin als Bäuerin tätig sein. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 25 von 29. Pirmin Bischof. Der Solothurner Ständerat gehört der Findungskommission für die Amherd-Nachfolge an und steht deshalb für eine Kandidatur nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für die Ständeräte Charles Juillard (JU), Marianne Binder-Keller (AG) sowie die Nationalräte Nicolò Paganini (SG) und Regina Durrer (NW). Bildquelle: Keystone/Gaetan Bally.
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Bild 26 von 29. Markus Dieth. Der Aargauer Regierungsrat verzichtet auf eine Kandidatur. Er sei sehr gerne Regierungsrat und schätze den direkten Kontakt mit der Bevölkerung, so Dieth. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
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Bild 27 von 29. Walter Thurnherr . Der frühere Bundeskanzler will ebenfalls nicht kandidieren, wie er gegenüber der «Aargauer Zeitung» erklärt hat. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Schneider.
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Bild 28 von 29. Yvonne Bürgin. Die Zürcher Nationalrätin und Vizepräsidentin der Mitte Schweiz, Yvonne Bürgin, sagte gegenüber Keystone-SDA sie sei zum Schluss gekommen, «dass eine Kandidatur zum jetzigen Zeitpunkt zu früh wäre». Bildquelle: Keystone/PETER SCHNEIDER.
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Bild 29 von 29. Benedikt Würth. Für den St. Galler Mitte-Ständerat steht Bundesrat zu werden nicht mehr in der Lebensplanung, wie er in einer Mitteilung schreibt. Er fühle sich in seinen heutigen Aufgaben wohl. Bildquelle: Keystone/PETER SCHNEIDER.