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Bundesverwaltungsgericht Ein Emmentaler braucht Löcher – und sie müssen gross genug sein

Die Sortenorganisation «Emmentaler Switzerland» will Heublumenpulver verwenden, um grössere Löcher im Emmentaler Käse zu bekommen. Das Bundesverwaltungsgericht muss klären, ob das in der Schweiz zulässig ist.

Die Löcher im Emmentaler werden immer kleiner. Schon vor Jahren fanden Schweizer Forschende heraus, dass es an der Hygiene liegt: Früher gelangte beim Melken von Hand Heustaub in die Milch. Es bildeten sich Bakterien, die Gase produzierten, was zu den charakteristischen Löchern führte. Seit moderne Melkmaschinen eingesetzt werden, schrumpften die Löcher, denn die Maschinen zapfen die Milch so sauber vom Euter, dass weniger Heupartikel in die Milch gelangen. Das ist auch ein Qualitätsproblem, denn je kleiner die Löcher im Käse, desto eher bilden sich Spalten und Risse.

Ganz neu ist diese Erkenntnis nicht. Schon früher hatte man bemerkt, dass der Emmentaler aus Sommermilch kleinere Löcher hat als jene aus Wintermilch. Im Winter frassen die Kühe Heu, im Sommer staubfreies Gras.

Manche Käsehersteller machen sich diese Erkenntnis zunutze und fügen der Milch Heustaub hinzu. So hat zum Beispiel deutscher oder französischer Emmentaler viel grössere Löcher – dank der Zugabe von Heublumenpulver. In der Schweiz ist die Verwendung von solchen Zusatzstoffen im Emmentaler jedoch gemäss Regeln der geschützten Ursprungsbezeichnung verboten.

Die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland will das ändern. Sie hat ein Gesuch gestellt, dass das Pflichtenheft des Emmentalers geändert wird. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat das Gesuch abgelehnt mit der Begründung, der Einsatz von Zusatzstoffen würde zu einer Industrialisierung des Emmentalers führen.

Am Dienstag hat am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eine öffentliche Parteiverhandlung stattgefunden.

  • Das Bundesamt für Landwirtschaft sagte vor Gericht, die Qualität des Emmentalers sei gut, das Heublumenpulver brauche es daher nicht. Die Verwendung des Pulvers sei kein traditionelles Herstellungsverfahren. Ein Emmentaler müsse sich aber vom industrialisierten Grosslochkäse wie beispielsweise dem Edamer unterscheiden, das könne man als Konsument bei einer geschützten Ursprungsbezeichnung erwarten.
  • Der Anwalt des Konsortiums Emmentaler Switzerland, das die Interessen von Milchproduzenten, Käsereien und Handelsfirmen vertritt, konterte: Es gehe nicht darum, die Reputation des Emmentalers zu gefährden, im Gegenteil. Es gehe darum, die Tradition der charakteristischen Löcher zu erhalten. «Denn wenn wir nichts tun, werden sie verschwinden», warnte der Anwalt. Das werde zu entsprechenden wirtschaftlichen Schäden führen.

Entschieden ist noch nichts. Zuerst folgt ein weiterer Schriftenwechsel, sofern die Parteien das wollen. Anschliessend wird das Urteil schriftlich gefällt.

Echo der Zeit, 04.06.2024, 18 Uhr

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