Das Geschäft: Der Ständerat hat nach mehr als drei Jahren erneut über den UNO-Migrationspaktes debattiert – und entschieden, dass die Schweiz weiterhin nicht beitreten soll.
Die Gegner: Die vorberatende Kommission beantragte, dem Pakt nicht beizutreten. «Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass dieser Pakt nicht unbedingt im Interesse der Schweiz ist», erklärte Benedikt Würth (Mitte/SG).
Wenn die Schweiz dem Migrationspakt nicht zustimme und sich weiterhin der Stimme enthalte, würde sie den Status quo quasi weiterführen. Dies habe nach Auskunft der Verwaltung für die Schweiz bislang keine Nachteile gebracht.
«Ich habe selten ein so realitätsfremdes, unehrliches Papier gesehen, das offensichtlich von Diplomaten für Diplomaten geschrieben wurde», so Beat Rieder (Mitte/VS). Selten in einem «Soft-Law-Pakt» sei ein so grosser Bruch zwischen der idealen Vorstellung und der schrecklichen Realität zu sehen.
Harte Kritik übten auch die Vertreter der SVP: Marco Chiesa (SVP/TI) warnte vor den Auswirkungen eines Schweizer Beitritts zum Migrationspakt. Wie auch andere Redner befürchtete er, dass das «weiche Recht» dazu führen könnte, dass die Schweiz ihre Migrationspolitik anpassen müsse. Der Pakt berge Risiken für die nationale Souveränität und die innere Sicherheit. Er öffne die Türen für unkontrollierte Migration, denn er biete keine wirksamen Instrumente, um zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Personen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, zu unterscheiden.
Die Befürworter: Daniel Jositsch (SP/ZH) konstatierte eine «gewisse Nervosität im Hause», wenn es um Migration gehe. Er warnte davor, das Problem zu bewirtschaften: «Im Sinne des Landes muss man schauen, wie man ein Problem löst.»
Das Migrationsproblem könne von keinem Land alleine gelöst werden, weil es ein globales Problem sei. Es brauche ein koordiniertes Vorgehen, wie es der Pakt unverbindlich vorsehe: «Wir müssen mit der Weltgemeinschaft Lösungen finden.»
Carlo Sommaruga (SP/GE) warnte zudem, dass die Nichtratifizierung des Paktes zu einer Schwächung des UNO-Standortes Genf führen würde, wo die Migrations-Organisationen angesiedelt seien.
Der Bundesrat: Aussenminister Ignazio Cassis wies darauf hin, dass es sich bei dem Pakt um «Soft Law» handle. Er sei ein Referenzrahmen, der ein gemeinsames Verständnis schaffe und somit die Gespräche mit Herkunftsländern von Migranten erleichtere. Dies, da er eine «gemeinsame Sprache» bringe. «Natürlich können wir auch ohne Zustimmung zum Migrationspakt mit Herkunftsländern sprechen. Aber es geht auch um Glaubwürdigkeit.»
Der Beschluss: Am Ende entschied eine deutliche Ratsmehrheit, dass die Schweiz dem UNO-Migrationspakt nicht beitreten soll. Angenommen wurde der Grundsatz, dass die Bundesversammlung Kenntnis von dessen Leitprinzipien und Zielen nehme und die internationale Migrationszusammenarbeit, namentlich auch im Rahmen der Internationalen Organisation für Migration (IOM), unterstütze.
Die Folgen: Das Geschäft geht nun in den Nationalrat. Sollte dieser ebenfalls Nein sagen – was wahrscheinlich ist – muss der Bundesrat einen Brief an den UNO-Generalsekretär schicken, mit einer Mitteilung, dass die Schweiz dem Pakt definitiv nicht beitritt.