Basel-Stadt gilt als Pionierin der Deutsch-Frühförderung. Dort bekommen alle Eltern einen Fragebogen nach Hause, mit dem sie die Deutschkenntnisse ihrer Kinder einschätzen müssen. Können sie zu wenig gut Deutsch, müssen sie in eine Sprachspielgruppe. Zwei halbe Tage pro Woche, gratis für die Eltern.
Gesten und Mimik
Beim Besuch vor Ort wird deutlich, viele der 3- und 4-jährigen Kinder können wenig Deutsch. «Wir bringen ihnen die Sprache mit Gesten und Mimik näher», erklärt Nicole Schlaich, Leiterin einer solchen Sprachspielgruppe, gegenüber «Schweiz aktuell». «Wir wiederholen vieles, sagen es immer wieder, dann fangen die Kinder an, uns nachzusprechen und irgendwann verstehen sie es.»
Seit 2013 gibt es dieses Programm in Basel-Stadt, und es ist obligatorisch. Man habe gute Erfahrungen damit gemacht, betont Erziehungsdirektor Conradin Cramer. «Die Schulen melden uns zurück, dass sie eine Verbesserung feststellen, die Schülerinnen und Schüler könnten besser Deutsch.» Allerdings sei es erst der Anfang, man müsste noch mehr für diese Kinder machen.
Eymann fordert Obligatorium
700 Kinder lernen in 40 Spielgruppen spielerisch Deutsch im Kanton Basel-Stadt. Kostenpunkt: 1.8 Millionen Franken pro Jahr. Geistiger Vater des Projekts ist der ehemalige Bildungsdirektor und heutige Nationalrat Christoph Eymann. Er fordert eine schweizweite obligatorische Deutsch-Frühförderung.
«Wenn man es den Leuten überlässt, machen vor allem diejenigen mit, die sensibler auf das Thema sind, wir wollen aber alle erreichen», erklärt Eymann. Deshalb brauche es ein Obligatorium.
Bern setzt auf Freiwilligkeit
Anders sieht man es in der Stadt Bern. Dort läuft gerade ein Frühförder-Programm für Deutsch vor dem Kindergarten an. Benutzt wird der gleiche Fragebogen wie in Basel-Stadt. Hier will man die Kinder aber im Rahmen der normalen Kitas und Spielgruppen fördern.
Zunächst freiwillig, betont Bildungsdirektorin Franziska Teuscher. «Wir sind überzeugt, dass die Eltern von dem Nutzen der Förderung auch überzeugt sein müssen, deshalb setzen wir auf Freiwilligkeit». Aber: Sollte sich zeigen, dass das nicht funktioniere, werde man auf ein Obligatorium umschwenken, so Teuscher weiter.
Falls die Kinder, die eine Förderung nötig haben, noch keine Kita besuchen, bekommen die Eltern Betreuungsgutscheine für zwei Tage pro Woche. Das Projekt startet im August.
«Wichtig ist, dass Spielgruppen gratis sind»
Basel-Stadt setzt längst auf das Obligatorium und hat laut dem Erziehungsdirektor gute Erfahrungen damit gemacht. In der Regel müssten etwa 20 Prozent der Eltern gemahnt werden, dass sie den Fragebogen ausfüllen. Drei bis vier Familien werden pro Jahr gebüsst.
«Wichtig ist auch, dass die Spielgruppen für die Eltern gratis sind». Die Eltern hätten einen grossen Anreiz, die Kinder zu bringen, denn so wären sie an zwei Halbtagen pro Woche betreut. «Das wird sehr gut aufgenommen», so Cramer.
Sprachkenntnisse sind ein wichtiger Schlüssel zu schulischem Erfolg. Deshalb folgen immer mehr Städte und Kantone dem Beispiel von Basel-Stadt. Die meisten ohne Obligatorium.