Das grosse Thema der Wintersession war einmal mehr die Altersvorsorge. Das Parlament schloss die Beratungen zur AHV ab. Das Resultat: 0.4 Prozentpunkte mehr Mehrwertsteuer für die AHV und das Frauenrentenalter wird auf 65 Jahre angehoben.
Damit sind SP und Grüne nicht einverstanden: Es gilt als so gut wie sicher, dass das Referendum zustande kommt, lanciert von der Linken.
Berufliche Vorsorge birgt Zündstoff
Auch mit dem Beratungsausgang in der beruflichen Vorsorge sind die Linken nicht einverstanden: Neu sollen zwar auch kleinere Einkommen versichert werden. Das kommt vielen Frauen zugute, die in kleinen Teilzeitpensen arbeiten.
In vielen Punkten speckte der Nationalrat die bundesrätliche Vorlage jedoch ab, welche grosszügige Zuschläge für die Übergangsgenerationen vorsah. Wird die zweite Säule in etwa so vom Parlament beschlossen, dürfte auch hier die Linke das Referendum ergreifen.
Bundesbudget für 2022 gekürzt
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Das Parlament hat in der Wintersession auch den Voranschlag fürs nächste Jahr verabschiedet: Bei Ausgaben von rund 80 Milliarden Franken ist ein Defizit von gut zwei Milliarden vorgesehen.
6.078 Milliarden Franken werden dem Bund 2022 fürs Verwaltungspersonal zur Verfügung stehen. Das sind 21 Millionen Franken weniger, als der Bundesrat und der Nationalrat ursprünglich veranschlagt hatten.
Bei diesem letzten offenen Punkt hatte sich die Variante des Ständerats in der Einigungskonferenz durchgesetzt. Das «Stöckli» nahm deren Antrag am Donnerstag denn auch mit 37 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen an. Der Nationalrat folgte ihm trotz zähneknirschender Ratslinken mit 119 zu 69 Stimmen.
Ebenfalls um viel Geld ging es einmal mehr beim Covid-19-Gesetz. Das Parlament hat die Beratungen dazu abgeschlossen. Die wichtigsten Änderungen: Antigen-Tests sollen wieder gratis werden – auch für Personen ohne Symptome. Zudem wurden zahlreiche Wirtschaftshilfen bis Ende 2022 verlängert.
Bauern lobbyierten erfolgreich
Nicht auf Gegenliebe stiess im Nationalrat die Initiative gegen Massentierhaltung. Die Initiative will mehr Platz und mehr Auslauf für Nutztiere wie Hühner oder Schweine. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, hat dem Parlament aber einen Gegenvorschlag präsentiert. Er möchte den Tierschutz allgemein verbessern – für alle Tiere, auch ausserhalb der Bauernbetriebe. In der grossen Kammer setzten sich jedoch die Bauern durch – der Rat lehnte Initiative wie auch Gegenvorschlag ab.
Massentierhaltungs-Initiative: Darum geht es
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Das will die Initiative: «Tierfabriken» würden in der Schweiz «aus dem Boden schiessen», kritisieren Tierschützerinnen und Tierschützer. Sie haben deshalb die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» eingereicht. Diese fordert ein Verbot der Tierhaltung in landwirtschaftlichen Grossbetrieben innerhalb von 25 Jahren. Der Bund soll zudem Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie und die Schlachtung sowie eine maximale Gruppengrösse pro Stall festlegen.
Das beantragt der Bundesrat: Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, weil das Tierschutzrecht Massentierhaltung schon heute verbiete. Im internationalen Vergleich habe die Schweiz «sehr kleine Tierbestände». Der Bundesrat will aber in einem direkten Gegenentwurf einzelne Anliegen der Initiative aufnehmen. Er schlägt vor, Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, für regelmässigen Auslauf und eine schonende Schlachtung in die Verfassung zu schreiben – und zwar für alle Tiere, nicht nur diejenigen in der Landwirtschaft. Damit gehe der Gegenvorschlag sogar über die Initiative hinaus, argumentiert der Bundesrat.
Das sagt die grosse Kammer: Der Nationalrat hat in der Wintersession als Erstrat über die Initiative und den direkten Gegenentwurf des Bundesrates debattiert. Die vorberatende Kommission hatte beantragt, beides abzulehnen. Dem ist eine Mehrheit in der grossen Kammer gefolgt. Die Kommission wies darauf hin, dass die Schweiz ihrer Ansicht nach bereits heute das weltweit strengste Tierschutzgesetz und «einzigartig tiefe Vorgaben» in Bezug auf die maximalen Tierbestände pro Betrieb kenne.
Gehör fanden aber nicht nur die Bauern, sondern auch die Wirtschaft: National- und Ständerat wollen das Gentechnikmoratorium zwar ein viertes Mal um vier Jahre verlängern, aber die kleine Kammer will eine Ausnahme und den Einsatz der Genschere Crispr/CAS9 zulassen.
Gentechnik soll also möglich sein, wenn dabei keine artfremde DNA eingefügt wird. Mit dieser Ausnahme muss sich nun der Nationalrat nochmals befassen.
Drittes Pandemiejahr mit Arzt an der Regierungsspitze
Und zum Schluss noch dies: Neuer Bundespräsident ist Ignazio Cassis. Der Tessiner erhielt von der Bundesversammlung 156 von 246 möglichen Stimmen. Das sind im Vergleich zu anderen Wahlen eher wenige Stimmen.
Mit Cassis wird die Schweiz mit einem Arzt an der Regierungsspitze das dritte Pandemiejahr bestreiten. Er hat bereits durchblicken lassen, dass er die Pandemie zum Schwerpunkt seines Präsidialjahres machen wird.
Schwerstverbrechen sollen nicht mehr verjähren
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Das Parlament will, dass bei Verbrechen, auf die lebenslange Strafen stehen – beispielsweise Mord – nach 30 Jahren keine Verjährung mehr erfolgt.
Der Ständerat hat der entsprechenden Standesinitiative des Kantons St. Gallen im zweiten Anlauf knapp mit 21 zu 20 Stimmen Folge gegeben. Der Nationalrat hatte dem Anliegen bereits zugestimmt.
Das Geschäft wird nun erneut einem der Räte zur Erstbehandlung zugewiesen: Die zuständige Kommission muss dann innerhalb von zwei Jahren eine Gesetzesvorlage ausarbeiten.
Rendez-vous, 16.12.2021, 12:30 Uhr