Darum geht es: Nach vereinzelten Hinweisen zu Unregelmässigkeiten bei Unterschriftensammlungen für politische Anliegen in der Romandie in den vergangenen Jahren verdichteten sich Meldungen und Verdachtsfälle möglicher gefälschter Unterschriften im Jahr 2024. Die Bundeskanzlei reichte bei der Bundesanwaltschaft insgesamt zwei Strafanzeigen gegen unbekannt ein. Eine Recherche des Tages-Anzeigers hatte das mutmassliche Ausmass der Fälschungen im Herbst publik gemacht.
Die Spielregeln: Für politische Anliegen dürfen alle Personen und Organisationen Unterschriften sammeln. Die Unterschriftenbögen informieren über das Anliegen und darüber, wer dahintersteht. Unterschreiben dürfen die Stimmberechtigten. Ihre Angaben gehen an die jeweilige Gemeinde, die sie überprüft und bescheinigt. Sind genügend Unterschriften zusammen, kann das Komitee diese bei der Bundeskanzlei einreichen.
Ungültige Unterschriften: Unterschriften mit gleicher Handschrift, frei erfundene Adressen, wenn Tote unterschreiben oder die Unterzeichnenden ihr eigenes Geburtsdatum nicht kennen: Das sind Hinweise auf mögliche Fälschungen. Im September hat die Bundeskanzlei über 950 mutmassliche Fälschungen informiert bei Unterschriftensammlungen in sechs Kantonen zu fünf nationalen Volksinitiativen. Sie versprach verschiedene Sofortmassnahmen – mehr Kontrolle und einen Runden Tisch.
Mehr Kontrolle und Meldungen: Derzeit testen rund 50 Gemeinden ein elektronisches Meldeformular bei Verdacht auf Fälschung. Im November könnte dieses allen Gemeinden zugänglich werden. Eine Auswertung könnte Anhaltspunkte geben oder Hinweise darauf, welche Organisationen sich nicht an die Spielregeln halten. Gemeinden und Bundeskanzlei erhoffen sich auch einen präventiven Effekt: wird mehr kontrolliert, wird womöglich weniger getrickst.
Neue Regeln oder Gesetze: Nationalrätinnen und Ständeräte formulierten neue Ideen – etwa für mehr Sicherheit für die Stimmberechtigten oder für mehr Vorgaben oder Kontrollen bis hin zu einem Verbot für Organisationen, die gegen Bezahlung Unterschriften sammeln. Da diese Forderung bisher keine Mehrheiten gewann, will die Bundeskanzlei an einem Runden Tisch Lösungen suchen – zum Beispiel einen Verhaltenskodex ausarbeiten oder dass ersichtlich und nachzuvollziehen wäre, wer eine Unterschrift gesammelt hat.
Wer am Runden Tisch sitzt: Am ersten Treffen haben laut Bundeskanzlei rund 30 Vertreterinnen und Vertreter von Initiativ-Komitees, Sammel-Organisationen, Parteien, Interessenverbänden und Behörden teilgenommen. In Arbeitsgruppen wird das weitere Vorgehen konkreter. Bis im Frühling sollen die Resultate vorliegen. Für die Präsidentin der Staatspolitischen Kommission, Nationalrätin Greta Gysin, braucht es darüber hinaus strengere Regeln für Organisationen, die gewerbemässig Unterschriften sammeln.