Die Zürcher Nationalrätin Mattea Meyer und der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth bewerben sich gemeinsam um die Nachfolge für den abtretenden SP-Parteipräsidenten Christian Levrat. Die Wahl der neuen Doppelspitze soll Anfang April in Basel stattfinden. Der Politologe Michael Hermann sagt, für ihn sei eine solche Lösung bei der SP keine Überraschung.
SRF News: Hat Sie die Ankündigung über diese Doppelspitze für die SP überrascht?
Michael Hermann: Nein. Es hat sich zum einen abgezeichnet, dass es keine Kandidatur ohne Frau geben wird, da war die Forderung überdeutlich. Zum anderen hat man auch die Ambitionen von Cédric Wermuth gekannt. Er hat jetzt quasi einen Ausweg gefunden, wie er mit einer Frau zusammen diese Ambition auch ausleben kann.
Wie beurteilen Sie denn diese Konstellation – es wurde bereits kritisch angemerkt, dass Cédric Wermuth zu dominant sein könnte?
Cédric Wermuth hat sich in den letzten Jahren innerhalb der Partei zu einem Schwergewicht gemausert. Er ist ein Stratege und natürlich auch sehr dominant und zielgerichtet. Mattea Meyer ist zweifellos ein Talent, ist aber natürlich noch nicht am selben Ort in der Karriere. Und da ist natürlich die Gefahr schon sehr gross, dass auch in diesem Doppelpräsidium Cédric Wermuth mehr wahrgenommen wird und dadurch ein Ungleichgewicht entstehen kann.
Da ist natürlich die Gefahr schon sehr gross, dass Cédric Wermuth mehr wahrgenommen wird.
Wir kennen das bereits von den Grünen. Da waren Adèle Thorens und Regula Rytz auch in einem Co-Präsidium. Am Schluss wurde zumindest in der Deutschschweiz vor allem Regula Rytz wahrgenommen und wurde dann auch alleinige Präsidentin.
SP-Nationalrätin Yvonne Feri hat gesagt, das Gesamtpaket sei ihr zu links. Was sagen Sie dazu?
Die ganze SP ist heute deutlich linker als vor ein paar Jahren, der linke Flügel hat sich klar durchgesetzt. Vorher hätten die beiden Kandidierenden tatsächlich noch fast zu einem Aufruhr geführt, heute ist das fast schon Normalität. Auch viele der älteren und etablierten PolitikerInnen und Politiker haben dieselbe Linie.
Ich sehe das weniger als Problem, im Gegensatz zum Hintergrund der Beiden. Sie sind Berufspolitiker, die einen akademischen Weg gewählt haben. Und da stellt sich die Frage, ob sie da Breitenwirkung erzielen können.
In Deutschland haben sowohl die SP als auch die Grünen eine Doppelspitze. Ist das ein Trend?
Ich denke, es hat sehr viel damit zu tun, dass gerade auf der linken Seite der Druck sehr hoch ist, dass Frauen an die Spitze kommen. Zugleich haben wir aber auch viele ambitionierte Männer. Und dann gibt es da halt nur den Ausweg, dass man beides kombiniert, mit einem «gemischten Doppel» an der Spitze.
Nach den Grünen mit ihrer gescheiterten Doppelspitze nun voraussichtlich das Co-Präsidium der SP. In der Schweiz ist man da zögerlich?
Typisch ist einfach links wie rechts, dass eine Person eine Partei repräsentiert und dann auf Augenhöhe mit den anderen Parteipräsidenten agieren kann. Doch es spricht einiges für so eine Lösung. Die Belastung als Präsident oder Präsidentin ist sehr gross, und so kann man das Amt auf mehrere Schultern verteilen.
Aber eben – eine Doppelspitze birgt auch Risiken?
Die Kompetenz und die Autorität sind eben nicht klar verteilt. Besonders dann, wenn eine Doppelspitze vom Profil und von der Erfahrung her so asymmetrisch ist wie in diesem Fall bei der SP, mit einer Figur mit nationaler Ausstrahlung und einer Figur, die eher aus dem Nachwuchs kommt. Das kann dazu führen, dass de facto in diesem Fall dann doch Cédric Wermuth mehr wahrgenommen und abgebildet wird.
Das Interview führte Matthias Schmid.