- Der Bundesrat wird das Rahmenabkommen mit der EU nur unterschreiben, wenn noch Lösungen bei den offenen Punkten gefunden werden. Das stellte Bundespräsident Guy Parmelin vor den Medien in Bern klar.
- Differenzen gibt es insbesondere bei Lohnschutz, staatlichen Beihilfen und Unionsbürgerrichtlinie.
- Die Regierung will nun die Kantone anhören. Danach werde der Bundesrat ein Gesamturteil abgeben, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis.
- Die Aussenpolitischen Kommissionen der Räte stellten derweil klar: Es sei keine Option, die Verhandlungen mit der EU abzubrechen.
Es brauche nun Lösungen in den einzelnen Punkten, erklärte Bundespräsident Guy Parmelin. «Der Bundesrat hat immer betont, dass die offenen Punkte geklärt werden müssen.» Derzeit bestünden noch «fundamentale Differenzen», obwohl die Schweiz bei den Gesprächen «wichtige Kompromisse» gemacht habe. Es brauche unter dem Strich eine «ausgewogene Lösung».
Die Gespräche mit der EU stocken laut Aussenminister Ignazio Cassis bei der Personenfreizügigkeit und bei den flankierenden Massnahmen. Die Schweiz verstehe unter Personenfreizügigkeit die Personenfreizügigkeit für die Arbeitnehmenden und ihre Familien, für die EU bedeute diese die Freizügigkeit aller EU-Bürgerinnen und Bürger. «Die zweite Differenz liegt bei der unterschiedlichen Auslegung der arbeitsrechtlichen Massnahmen», sagte Aussenminister Ignazio Cassis.
Ohne Anpassungen seitens der EU in diesen beiden Punkten sei ein Rahmenabkommen nicht mehrheitsfähig. «Wir haben der EU konkrete Vorschläge vorgelegt», sagte Cassis weiter. In einem nächsten Schritt würden nun die Kantone konsultiert. Anschliessend werde der Bundesrat eine Gesamtbeurteilung vornehmen.
Aussenpolitische Kommissionen gegen Abbruch
Die Mehrheit der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des National- und Ständerats fordert, dass die Gespräche mit der EU zum Rahmenabkommen fortgeführt werden sollen. Ein sofortiger Übungsabbruch wurde in beiden Kommissionen deutlich abgelehnt.
«Die Mehrheit ist der Meinung, dass noch ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden kann», sagte APK-N-Präsidentin Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) nach einem Treffen mit Bundespräsident Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis bereits am Mittag. Der Bundesrat sei aufgefordert worden, die Gespräche auf allen Ebenen zu intensivieren und zeitnah Vorschläge zu den noch offenen Punkten zu unterbreiten.
Die Europäer müssen sich auch bewegen.
Laut Damian Müller (FDP/LU), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Ständerat, hat der Bundesrat erstmals «sehr ausführlich» über den Stand der Dinge im vertrackten Dossier informiert. «Wir haben Antworten auf sämtliche Fragen erhalten», sagte Müller. Nun gehe es für den Bundesrat darum, die Verhandlungen weiterzuführen – «mit bestmöglicher Flexibilität und Kreativität, damit er den bilateralen Weg weiterführen kann».
Müller weiter: «Die Europäer müssen sich auch bewegen.» Auch Kommissions-Mitglied Christian Levrat (SP/FR) erklärte, dass der Ball nun klar bei der EU liegen würde. «Es muss in diese Richtung gehen.»
Guy Parmelin hatte am Freitag in Brüssel EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen getroffen. Zusammen mit von der Leyen habe er festgestellt, dass beim institutionellen Rahmenabkommen noch «erhebliche Divergenzen» vorhanden seien, sagte Parmelin nach dem Treffen vor den Medien. Beide Seiten müssten nun die Ergebnisse des Treffens auswerten.