In den vergangenen Tagen ereigneten sich gleich mehrere tödliche Badeunfälle. Am Montagabend ertrank im Luganersee ein 65-jähriger Deutscher, der von seinem Boot ins Wasser stieg und nicht mehr auftauchte.
Am Vortag stürzten zwei Badende einen Wasserfall bei Henau (SG) hinunter. Gegen hundert Einsatzkräfte hatten versucht, den 30-jährigen Mann und die 26-jährige Frau aus der Thur zu retten – vergeblich. Am Montagabend fand die Kantonspolizei St. Gallen die Leichen.
Am Sonntag trieb ein 56-jähriger Mann reglos im Bodensee bei Bodman-Ludwigshafen. Heute ist er im Spital verstorben. Zudem ist es am Wochenende auf der Aare bei Bern und auf der Limmat in Zürich zu mehreren Unfällen mit Gummibooten gekommen.
«Solche Vorfälle sind beunruhigend», sagt Reto Abächerli, Geschäftsführer der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG. Häufungen wie diese habe es aber auch in vergangenen Jahren gegeben. «Wir können noch nicht abschätzen, ob es diesen Sommer mehr Badeunfälle gab als im Vorjahr.» Eine erste Zwischenbilanz werde die SLRG im Herbst publizieren.
Dennoch sind die Lebensretter alarmiert: Im Corona-Sommer sei das Ertrinkungsrisiko deutlich höher, warnen SLRG und die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Denn viele Leute, die normalerweise die Badi vorziehen, verlassen heuer diese «geschützte» Umgebung.
Meiste Unfälle in offenen Gewässern
Baden in offenen Gewässern ist beliebt, weil dort keine Corona-Einschränkungen gelten und es in den Ferien viele ans Wasser zieht. Eine repräsentative SLRG-Umfrage zeigt, dass fast 70 Prozent aller Deutsch- und Westschweizer diesen Sommer in heimischen Seen und Flüssen schwimmen wollen. Das sind rund 10 Prozent mehr als 2016.
An unbeaufsichtigten Badestellen steigt jedoch das Unfallrisiko. «Wir müssen damit rechnen, dass Badeunfälle diesen Sommer zunehmen», warnt Reto Abächerli. Denn die meisten Unfälle passieren in offenen Gewässern. Laut SLRG ertranken dieses Jahr bisher 16 Personen; 10 im Fluss, 6 im See und kein einziger in einer Badeanstalt. Vergleiche zum Vorjahr will die SLRG noch nicht ziehen, die Zahlen seien noch nicht interpretierbar.
Entsprechend will die SLRG ihre Präventionsarbeit verstärken. Dazu wurde das Projekt «Corona-Sommer 2020» lanciert, für welches Daniel Koch, der ehemalige Leiter «übertragbare Krankheiten» beim BAG, als Botschafter amtet.
Die risikofreudigeren 15- bis 29-jährigen Männer sind besonders gefährdet.
Zentral ist dabei die Kampagne «Save your friends», welche auf eine Risikogruppe fokussiert. «Die risikofreudigeren 15- bis 29-jährigen Männer sind besonders gefährdet. Diese Gruppe weist bereits in normalen Jahren am meisten Ertrinkungstote auf», sagt Reto Abächerli von der SLRG.
Über 80 Prozent der Verunfallten in diesem Alter sind männlich. Mittels Online-Safety-Check können Probanden testen, ob sie sich in offenen Gewässern richtig verhalten.
Reto Abächerli betont, dass die meisten der bisherigen Wasserunfälle dieses Jahr vermeidbar gewesen wären. «Wenn sich die Menschen an die Bade- und Flussregeln halten, kann das Ertrinkungsrisiko massgeblich minimiert werden.»
Durch die Fähigkeit, gut schwimmen zu können, würden sich leider viele in falscher Sicherheit wiegen. «Die meisten Menschen, die ertrinken, können gut schwimmen. Entscheidender ist, ob man das Gewässer kennt und ob man die Gefahren sowie sich selber richtig einschätzen kann», erklärt Abächerli.