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Finanzengpass bei der Armee Viola Amherd duckt sich weg

Die Armeespitze windet sich und spricht von «Liquiditätsengpass» – kaum etwas sagt dagegen VBS-Vorsteherin Viola Amherd. Das hat System.

Bundespräsidentin Viola Amherd ist nach Estland gereist. Sie besichtigt unter anderem ein internationales Cyberabwehr-Zentrum. Dann geht die Reise weiter nach Norwegen.

Derweil fehlt ihrer Armee in der Schweiz viel Geld. Die Armee nennt das Liquiditätsengpass. Von Amherd selber gibt es bis heute nur ein einziges mündliches Statement dazu: «Im Moment gibt es dazu nicht mehr zu sagen, als dass es keine Lücke gibt.»

Armeebudget steigt weniger schnell als erwartet

Am letzten Donnerstag gab die Bundespräsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats Auskunft hinter verschlossenen Türen. Danach verschwand sie wieder. Armeechef Thomas Süssli erklärte derweil die komplizierte Finanzplanung: Demnach hatte die Armee damit gerechnet, dass ihr Budget schneller ansteigt.

Da spielt der oft zitierte Teflon-Effekt.
Autor: Mark Balsiger Krisenkommunikations-Profi

Nichts zu sagen, scheint bei Viola Amherd Strategie zu sein. Unangenehme Geschichten sitzt sie erfolgreich aus. Das sagt auch Mark Balsiger. Er ist unter anderem auf Krisenkommunikation spezialisiert und berät Politiker. «Da spielt der oft zitierte Teflon-Effekt.» Ähnliches habe früher schon bei den damaligen Bundesräten Doris Leuthard oder Alain Berset funktioniert.

Stellungnahme während Auslandsreise

Es gäbe viele spannende Fragen an die Verteidigungsministerin: Süssli etwa erklärt, er könne den Zustand der Armee und das fehlende Geld nicht verantworten. Die «NZZ am Sonntag» berichtete unter Berufung auf interne Protokolle der parlamentarischen Kommissionen, dass Amherd dort erklärt habe, sie sei damit einverstanden, dass das Armeebudget langsamer wachse als ursprünglich geplant.

In Estland hat Viola Amherd heute der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ein Interview gegeben. Dabei sagte sie, die Armee werde sämtliche Rechnungen auch in den kommenden Jahren begleichen können – und zwar innerhalb des Zahlungsrahmens. Die aktuelle Situation sei «alles andere als exotisch». Für SRF war Amherd heute allerdings nicht erreichbar.

Ähnliche Fälle in der Vergangenheit

Dass Verteidigungsministerin Amherd in Deckung geht, hat System: Die Besetzung eines Spitzenpostens in ihrem Departement Ende letztes Jahr, der Panzerverkauf durch die Ruag, bei dem es zu Unstimmigkeiten kam, die Kriterien für die Evaluation des neuen Kampfjets. Wenn es heikel wird, reduziert Amherd ihre Präsenz konsequent.

Von der politischen Konkurrenz heisst es, man wünschte sich, dass man die Verteidigungsministerin jetzt «besser spüren würde», wie es Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf von der SP ausdrückt.

Abwiegelnde Töne aus der eigenen Partei

Für Nationalrat Reto Nause – er gehört wie Amherd der Mitte-Partei an – trägt allerdings das Parlament die Hauptverantwortung für das fehlende Geld. Und zwar mit dem Entscheid, das Armeebudget nicht bis 2030, sondern erst bis 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts BIP anwachsen zu lassen.

«Vor diesem Hintergrund kann ich nachvollziehen, dass Viola Amherd nicht in die Öffentlichkeit gerannt ist und eine Aufstockung des Armeebudgets verlangt hat», sagt Nause. Die zurückhaltende Kommunikation ist aus seiner Sicht also erklärbar – weil Amherd nicht die Hauptverantwortung trage.

Dennoch gibt es angesichts des grossen Fehlbetrags von 1.4 Milliarden Franken auch in der eigenen Partei Stimmen, die hinter vorgehaltener Hand sagen: Amherd dürfe sich nicht mehr hinter der Armee verstecken.

Echo der Zeit, 5.2.2024, 18:00 Uhr

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