Gestern mussten Armeechef Thomas Süssli und sein Finanzchef vor den Medien erklären, wie es bei der Armee zu Liquiditätsengpässen von insgesamt 1.4 Milliarden Franken kommen konnte. Mehrfach erwähnte Süssli, auch «politische Entscheide» hätten zu dieser misslichen Lage beigetragen.
Mit «politischen Entscheiden» meinte der Armeechef wohl nicht nur das Parlament, sondern auch seine Chefin, Verteidigungsministerin Viola Amherd. Wie mehrere Quellen bestätigen, hat die VBS-Chefin im Frühjahr 2023 nämlich darauf bestanden, ein Rüstungsprogramm beim Parlament zu beantragen, das in der Summe deutlich höher lag als in der ursprünglichen Finanzplanung der Armee vorgesehen.
Widersprüche im Verteidigungsdepartement
Wohl unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs wollte die VBS-Chefin noch zusätzliche Schützenpanzer und Munition einkaufen. Dabei wussten die Armee und auch das VBS, dass diese Mehrausgaben nur dann finanzierbar sind, wenn das Budget für die Verteidigung bis 2030 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts angehoben wird.
Bereits im Januar 2023 wurde aber klar, dass der Gesamtbundesrat wegen fehlender Bundesfinanzen die Budgeterhöhung für die Armee deutlich langsamer angehen und bis 2035 hinauszögern will. VBS-Chefin Viola Amherd soll gemäss mehreren Quellen im Januar eingewilligt haben, das Armeebudget weniger schnell als geplant zu erhöhen. Und gleichzeitig unterstützte sie eine Rüstungsbotschaft, die so eigentlich nicht finanzierbar war.
Waren Sicherheitspolitiker informiert?
Auch die Sicherheitspolitikerinnen und Sicherheitspolitiker hätten eigentlich wissen müssen, dass die Armeebotschaft des Jahres 2023 nur finanziert werden kann, wenn das Verteidigungsbudget bis 2030 stark angehoben wird. Nun muss geklärt werden, ob und wann die Sicherheitspoltischen Kommissionen über die finanziellen Folgen und mögliche Liquiditätsengpässe informiert wurden. Möglicherweise war ihnen im März die ganz Tragweite noch nicht bewusst. Im letzten Oktober aber seien die Sicherheitspoltischen Kommissionen über die Liquiditätsprobleme informiert worden, sagt zumindest Armeechef Thomas Süssli.
Der Armee kommt die politische Diskussion über die missliche finanzielle Lage in den nächsten Jahren grundsätzlich gar nicht so ungelegen. Denn seit Monaten versucht Armeechef Thomas Süssli immer wieder zu erklären, es fehlten in den nächsten Jahren mindestens 12 Milliarden Franken, um die Armee wieder für einen Verteidigungskrieg aufzurüsten. Wohl auch deshalb wurde die überraschende Absage von Grossanlässen der Armee mit der schwierigen finanziellen Lage begründet, obwohl sie damit kaum viel Geld einsparen kann.
Sollte es Absicht gewesen sein, mit der Absage dieser Anlässe Aufmerksamkeit für die Finanzprobleme zu erreichen, so scheint dies gründlich misslungen. Denn jetzt diskutiert die Politik nicht darüber, ob man der Armee doch mehr Mittel geben müsste. Sondern darüber, ob die Armee ihre Finanzplanung nicht im Griff hat.